Mord ist Mord. Weder ein Traum von einer gerechten Gesellschaft noch Empörung über erlittene Gewalt rechtfertigt ihn. Im Gegenteil. Wo er begangen wird, zerstört er die Träume und nimmt der
Empörung ihr Recht. Reden muss man jedoch über das, was die Empörung auf den Plan ruft. Sonst löst erlittenes und empfundenes Unrecht immer neues Unrecht aus und von den Träumen, wer auch immer sie
geträumt hat, bleiben nur die Albträume.
Lutz Hachmeister, Jahrgang 1959, Journalist und Dozent an der Universität Dortmund, Direktor des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik, stellt sich dieser Aufgabe. Er hat eine
Biographie Hanns Martin Schleyers geschrieben, die mehr ist als eine Bioigraphie. In weiten Teilen recherchiert der Autor akribisch, wie das Leben des Präsidenten von BdI (Bund deutscher
Industrieller) und BdA (Bund deutscher Arbeitgeber) von seinen Anfängen bis zu seinem schrecklichen Ende verlief.
Er bindet seine Recherche jedoch in die Analyse gesellschaftspolitischen Geschehens ein. Seine Schleyersche Familiengeschichte beginnt lange vor der Geburt Hanns Martin Schleyers und endet
nicht mit dessen Tod, sondern geht auch noch dem Schicksal seiner Mörder nach.
Über einen großen Abschnitt der Geschichte hin wird aufgezeigt, wie sich Alltag in Deutschland gestaltete, was das Fortkommen begünstigte oder behinderte, welche Prägungen sich wie
auswirkten, wie Apparate und wie Selbst- und Fremdwahrnehmung in diesen Zusammenhängen funktionierten.
Hachmeisters Buch ist ein aufwändiges Geschichtswerk. Die Lektüre verlangt den Lesenden einiges an Durchhaltevermögen ab. Zu gewinnen sind Detailkenntnis und Einsichten in ein Stück deutscher
Geschichte, das sich nicht leicht erschließt. Es wird versucht, einen Weg aus dem Albtraum heraus zu finden.
Dorle Gelbhaar
Lutz Hachmeister "Schleyer. Eine deutsche Geschichte", Deutscher Taschenbuch Verlag München 2007, 447 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 976-3-423-34390-9
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