Kultur

Der Mann mit der Pfeife

von Die Redaktion · 28. Juni 2006

"Onkel Herbert" - so hieß er in der SPD, oder "der Onkel". Vor gut zwanzig Jahren war das der Titel eines Buches über Herbert Wehner mit Gesprächen und Interviews. Herausgegeben von Knut Terjung. Wer es liest, hört Wehner sprechen, in dieser schroffen, manchmal brutal wirkenden Art, einen Mann, der ebenso zartfühlend und mitmenschlich, herzlich war, wie es Christoph Meyer in seiner jetzt erschienenen Biografie "Herbert Wehner" beschrieben hat.

Drei Dinge vorweg: Dies ist ein sehr informatives und spannendes Buch. Gut geschrieben. Stellenweise sogar unterhaltsam. Christoph Meyer, der auch Leiter des Herbert-Wehner-Bildungswerkes ist, gibt zu, es sei schwer, Herbert Wehner zu verstehen. Das ist keinesfalls als Entschuldigung zu begreifen, sondern liegt in der Person Wehners begründet und in seinem Lebensweg. Der begann in Dresden als Sohn eines Lederarbeiters und führte vom überzeugten Kommunisten, der viele Jahre im Exil in Moskau zubrachte, zum erfolgreichen SPD-Politiker der Nachkriegszeit.

Christoph Meyer beschreibt diesen Mann, anschaulich und genau - auch voller Zuneigung - , aber "ohne eine persönliche Beziehung im Gepäck"; denn kennen gelernt hat er ihn nicht.

Wehner wird vor allem beurteilt nach seiner Moskauer Zeit und seiner Rolle während der Kanzlerschaft Willy Brandts. Christoph Meyer ist das zu wenig. Er will Wehner aus diesem verengten Blickwinkel herausholen und die Aufmerksamkeit auch auf die Zeit davor, dazwischen und danach lenken.

Die Biografie wird einem Politiker gerecht, der sich wie kaum ein anderer mit seiner eigenen Geschichte herumgequält hat und dessen persönliche Brüche die Brüche des vergangenen Jahrhunderts waren.

Jörg Hafkemeyer

Christoph Meyer: Herbert Wehner. Biografie, dtv, München 2006, 580 Seiten,

16 Euro, ISBN3-423-24551-4

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