Kultur

Der Knoten im Lauf des Revolvers

von Die Redaktion · 25. August 2005
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Der schwedische Bildhauer Carl-Frederik Reuterswärd hat eine verkleinerte Ausgabe seiner Arbeit des verknoteten Revolvers, der vor dem UNO-Gebäude in New York steht, der Bundesrepublik geschenkt. 200 Gäste, vor allem aus Kunst und Kultur, waren der Einladung in den Garten des Kanzleramtes gefolgt. Angelika Milster, Klaus Staeck, Christoph Links, Natalia Wörner, Ulrich Matthes, Ingeborg Westphal, Tilman Spengler, Jazz-Kantine, Elenore Weisgerber, Hansi Jochmann, Ron Williams, Annette Humpe und Band, Michael Jürks, Herbert Köfer, Wibke Bruhns, Uwe Bremer, Markus Lüpertz waren gesehen. Diesen und anderen Prominenten ging es auch darum, Gerhard Schröder so kurz vor der Wahl Unterstützung zu signalisieren. Als Kunstfreund - nicht nur zu Wahlkampfzeiten - ist der Bundeskanzler hoch geachtet, seine Nähe zu Künstlern, sein Verständnis für Kunstwerke sind bekanntlich legendär.

Mittlerweile gibt es weltweit elf Exemplare des Revolvers mit verknotetem Lauf. Die 140 Kilo schwere und 95 cm hohe Skulptur in Berlin ist öffentlich, sie ist gut sichtbar vom Biergarten des Hauses der Kulturen der Welt aus, von den touristischen Ausflugsdampfern. Und ihre Aussage passt - es ist ja kein Zufall, dass Schröder mittlerweile für den Friedensnobelpreis nominiert wurde. Und die meisten Kulturschaffenden nennen als wichtigsten Unterstützungsgrund neben der neuen Bundeskulturpolitik die klare Absage an das Abenteuer des Irakkriegs. Ihnen sprach Günter Grass aus der Seele, als er in seiner beeindruckenden Laudatio formulierte:

Von Deutschland gingen im letzten Jahrhundert zwei Weltkriege aus, deren Folgen bis in die Gegenwart spürbar sind. Die Bürger meines Landes und deren demokratische Abgeordnete haben daraus Lehren ziehen müssen. Wohl deshalb hat die gegenwärtige Bundesregierung verantwortlich gehandelt, als sie Nein sagte zum noch immer andauernden Krieg im Irak.

Gegen erheblichen Widerstand ist sie bei diesem Nein geblieben, als die US-Regierung versuchte Verbündete - das hieß Kriegswillige - für eine militärische Machtdemonstration zu gewinnen, die das Völkerrecht missachtete und die mit Lügen begründet wurde. Dieses auf leidvoller Erfahrung fußende Nein ist mit dem Knoten im Lauf des Revolvers in die Tat umgesetzt. Täglich hören wir von den entsetzlichen Folgen des politischen Fehlverhaltens vom Terror und Gegenterror des nicht enden wollenden Krieges. Also muss es beim Nein bleiben und muss der Knoten im Lauf des Revolvers noch fester gezurrt werden. Er soll die Regierenden und uns alle auch in Zukunft ermahnen, denn an Herausforderungen vergleichbarer Art wird es nicht fehlen, fehlt es schon jetzt nicht. Die Zahl der Krisen nimmt zu und die Bereitschaft, nach ihren Gründen zu fragen, schwindet dahin. Militärische Gewalt kann diese Krisen nicht bewältigen, wird sie eher - was der zunehmende Terrorismus lehrt - vergrößern und miteinander verzahnen.

Zivile Vernunft ist gefragt. Ihr könnte der nun auf Dauer gesicherte Anblick des verknoteten Revolvers behilflich werden. Unabhängig von Wetter- und Sonnenstand wird die heute enthüllte Skulptur ihren Schatten auf die Zukunft und auch auf die Vergangenheit werfen".

Klaus-Jürgen Scherer

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