Kultur

Der Eiserne Gustav

von Die Redaktion · 10. April 2008

Die Buchvorstellung von Prof. Gunnar Müller-Waldeck im Cafe Thedor Tucher am Brandenburger Tor ist gut besucht. Hinter seinem nostalgischen Lesepult stehen zwei kleine Puppen seines Buchhelden, der Eiserne Gustav in Miniaturgröße: rothaarig, viereckiger Bart, blauäugiger Brillenträger - mit weißem Zylinder und schwarzem Mantel. Die Geschichte des legendären Droschkenkutschers Gustav Hartmann begann vor 80 Jahren in Berlin-Wannsee. Am 2. April 1928 reiste er mit seiner Pferdekutsche von Berlin-Wannsee nach Paris und kehrte am 12. September 1928 als bekannter Volksheld zurück. Die Tour, die von einem Reporter begleitet wurde, brachte ihm den Namen der Eiserne Gustav ein und das lag zu allererst an seinen eisernen Grundsätzen.

Technik und Natur

Anlass für die Reise des damals 68-jährigen war neben Abenteuerlust sein Protest, da die insgesamt 8114 Droschkenkutscher von den Taxifahrern verdrängt wurden. "Gustav musste sich nach der Decke strecken", erläuterte Müller-Waldeck. Während der Lesung werden der Reisepass von Gustav und sein Wandergewerbeschein durchgereicht. Mit allen Sinnen kann man sich von seiner Reiselust überzeugen.

Charakter Gustav

Ein Pastor schrieb ihm und fragte nach seinem Wohl, Gustav antwortete: "Der Deivel ist auf meiner Seite." Als er sich einmal beim Rasieren schnitt, habe der gebürtige Magdeburger gesagt: "Die Haut wird immer schlechter, das kommt vom Suff." Der Autor erklärt seine Sympathie mit Gustavs Verrücktheiten. Denn "der Fortschritt hängt von den Unvernünftigen ab", sagte Müller-Waldeck. Selbst als Gustav weltbekannt wurde, und es Postkarten mit ihm und seinem Pferd Grasmus zu kaufen gab, wurde er nicht reich. Das mache ihn noch sympathischer, so der Autor.

Wer nach der Lesung das Buch erwirbt, bekommt ein Fläschchen Eiserne Gustav, Weizenkorn, als Erinnerung. Schließlich war auch Gustav regelmäßig Gast in seiner Stammkneipe "zur guten Quelle", meinte Autor Müller-Waldeck.

Erich Kästner widmete dem Eisernen Gustav sogar ein Gedicht mit der Schlussstrophe: "Was sollen Völker mit Genies? Wir Völker wollen Gustavs haben Die langsam, aber sicher traben Und das gilt nicht nur für Paris selbstverständlich." Ein orientalisches Sprichwort sagt nicht umsonst: Der Reisende hat mehr Wissen als der Heimische.



Der Autor bereichert die Geschichte des Gustav Hartmann mit Dokumenten und Auskünften von Zeitgenossen und Nachfahren. Und wenn sich jemand das nächste Mal anschickt, eine Kurzreise all inclusive zu buchen, dem ist das Buch wärmstens zu empfehlen.

Gunnar Müller-Waldeck: Die Geschichte des legendären Droschkenkutschers Gustav Hartmann, Das Neue Berlin, 271 Seiten, 14, 90 Euro, ISBN 978-3-360-01936-3



Selda Göktas

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