Zunächst gaben der Berliner Innensenator Ehrhart Körting und der Rechtswissenschaftler Felix Herzog von der Universität Bremen erste Impulse für die weitere Diskussion. Körting benannte drei
unterschiedliche Herausforderungen für die Gesellschaft. Es bestehe ein gravierender Unterschied zwischen aktionsorientiertem Rechtsextremismus der Kameradschaften und parlamentsorientiertem
Rechtsextremismus, wie ihn beispielsweise die NPD praktiziere.
Als dritten Faktor nannte Körting den diskursorientierten Rechtsextremismus. Dieser sei besonders bei Buch-Autoren und Szene-Journalisten vorzufinden. Darüber hinaus forderte Körting eine
Änderung des Parteiengesetzes. Es könne nicht sein, dass jüdische und türkische Steuerzahler die gegen sie gewandte und verachtende Wahlwerbung rechter Parteien mitfinanziere.
"Hate Crimes" und strafrechtliche Verfolgung
Felix Herzog kam auf sogenannte "Hate Crimes" zu sprechen. Diese umfassen Hetze und Gewalt, aber auch Propaganda- und Kommunikationsdelikte, wie Rechts-Rock oder Graffiti. "Die gebotene
rechtsstaatliche Anwendung dieser Tatbestände kann zu Problemzonen und Lücken strafrechtlicher Verfolgung führen", so Herzog weiter. Als Beispiele nannte er unter anderem die Verwendung
nazistischer Fantasieparolen und -symbolen. "Das Strafrecht kann keine gesellschaftlichen Probleme lösen. Entscheidend ist die Prävention", stellte Herzog zu guter Letzt klar.
Missbrauch des Versammlungsrechts
In einem anschließenden Fachforum wurde nach einem adäquaten Umgang mit rechtsextremen Versammlungen und Aufmärschen gesucht. "Jede rechtsextreme Veranstaltung ist eine zuviel!" stellte Uwe
Berlit, Richter am Bundesverwaltungsgericht, gleich zu Beginn klar. Doch auch für sie gelte Artikel 8 des deutschen Grundgesetzes, sodass man rechtsextreme Veranstaltungen nicht grundsätzlich
verbieten könne. Bei "offensichtlicher Gefährdung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung" seien jedoch Verbote möglich, ebenso wie zu bestimmten historischen Daten oder an Holocaust-Mahnmalen.
Aktionstag gegen NPD-Aufmarsch
Lutz Brockmann, Bürgermeister der niedersächsischen Stadt Verden, berichtete von Aktionen in seiner Heimatstadt. Als dort die NPD einen Aufmarsch plante, rief der gesamte Stadtrat zu einem
"Aktionstag gegen Rechtsextremismus" auf, zu dessen Gelingen zahlreiche Sponsoren und Organisationen beitrugen. Durch das Fest blieb der NPD-Aufmarsch bei der Bevölkerung weitgehend unbemerkt. Dass
die NPD bei der letzten Kommunalwahl einen Sitz im Verdener Stadtrat erlangte, führte Brockmann auf die geringe Wahlbeteiligung von etwa 50 Prozent zurück. Man müsse junge Menschen aufklären und
wieder für Demokratie begeistern, so Brockmann.
Zivilgesellschaftliche Gegenaktionen
Auch die brandenburgische Landtagsabgeordnete Sylvia Lehmann sprach über ihre eigenen Erfahrungen im Aktionsbündnis Halbe. Sie unterstrich, dass Parteiendenken im Kampf gegen rechts absolut
hinderlich sei. Zwar sei es schwierig, mit einer Vielzahl unterschiedlichster Organisationen in einem Aktionsbündnis zusammen zu arbeiten, da teilweise sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten
würden. Jedoch sei die politische Auseinandersetzung und vor allem die breite gesellschaftliche Initiative dringend notwendig. Ergebnis der stets großen Gegenaktionen seien "entnervte Nazis", die
inzwischen offiziell erklärten, "von Halbe perspektivisch Abstand" zu nehmen.
Insgesamt war der Tenor des Forums, dass der Rechtsstaat zwar wenig gegen rechtsextreme Veranstaltungen tun könne. Man könne ihre Wirkung aber durch "zivilgesellschaftliche Gegenaktionen"
minimieren.
Felix Eisele
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