Das vergessene Friedens-Engagement der Frauen
Anschaulich aufgearbeitet wird ein fast vergessenes und auch von Historikern vernachlässigtes Kapitel der Geschichte: Die so mutigen wie erfolglosen Aktivitäten von Sozialistinnen und bürgerlichen Frauen im Jahre 1915 zur Beendigung des Krieges. „Wir wollten nicht nur das Finstere zeigen wie in allen anderen Ausstellungen zum 1. Weltkrieg,“ sagt Marianne Pitzen, die Gründerin und Leiterin des Frauenmuseums, „sondern auch die Friedensbestrebungen. Die Frauen kamen nicht durch mit ihren internationalen Appellen, aber sie haben es immerhin versucht.“
Clara Zetkin wegen Friedensappell angeklagt
Hauptorganisatorin der Friedenskonferenz der Sozialistinnen am 26. März 1915 in Bern war Clara Zetkin – gegen den Willen der deutschen Sozialdemokraten. Ihrer Partei teilte sie mit, sie werde diese Konferenz organisieren „mit oder ohne den Segen der Partei, ja sogar mit dem Fluch des Parteivorstands beladen.“ Wichtigster Beschluss der Konferenz war der Auftrag zur Mobilisierung der Massen – insbesondere der Frauen – gegen die Fortführung des Krieges. Die Resolution wurde auf tausenden Flugblättern verteilt. Clara Zetkin und anderen Aktivistinnen wurden wegen der illegalen Propaganda verhaftet und wegen Hoch- und Landesverrats vor Gericht gestellt.
Zum Internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag trafen sich wenige Wochen später 1100 bürgerliche Frauenrechtlerinnen aus zwölf Ländern. Die Forderungen der Frauen waren für die damalige Zeit sensationell. In der nach intensiven Diskussionen verabschiedeten Resolution wurde gefordert: „Die Einrichtung eines ständigen internationalen Gerichtshofs. Eine Organisation zur Friedenssicherung. Weltweite Kontrolle des Waffenhandels. Die Verabschiedung einer neuen Weltwirtschaftsordnung.“
Doch kaum jemand hörte den Frauen zu, sie wurden angefeindet, bestenfalls als naiv abgestempelt. Der Krieg endete erst 1918, als alle beteiligten Staaten wirtschaftlich erschöpft und Millionen Menschen tot waren.
Mehrheit der Frauen war Teil der Kriegsmaschinerie
Es ist berührend, die alten Fotos zu betrachten, in die ernsten Frauengesichter zu blicken, zu wissen, dass sie Hohn und Spott erlebten für ihren Einsatz. Sie waren ja auch unter den Frauen 1915 eine winzige Minderheit. Die Mehrheit taumelte mit den Männern jubelnd in diesen Krieg, wurde – auch das zeigen private und offizielle Fotos, Filme und Dokumente in dieser Ausstellung, für die man sich Zeit nehmen muss – Teil der Kriegsmaschinerie. Die Frauen arbeiteten als idealistische und bald traumatisierte Lazaretthelferinnen, als – so die Historikerin und Kuratorin Bettina Bab – „gut verdienende Etappenhelferinnen hinter der Front“. Sie schufteten als Munitionsarbeiterinnen in den Waffenfabriken unter unsäglichen Arbeitsbedingungen. Viele verloren dort ihr Leben, durch Explosionen bei der gefährlichen Arbeit, durch die Gifte, die sie einatmeten. Doch sie brauchten das Geld für sich und ihre Familien, denn die Männer waren an der Front, schon in den ersten, mörderischen Monaten gefallen oder schwer verwundet zurückgekehrt.
55 Künstlerinnen beteiligen sich an der Ausstellung. Oft verarbeiten sie eigene Familiengeschichten: Angst, Flucht, den Verlust geliebter Menschen, Folter, Todesangst. Zu sehen sind Werke von Käthe Kollwitz, die ihren Sohn wenige Wochen nach Kriegsbeginn verlor, aber auch Arbeiten von heutigen Künstlerinnen aus mehreren Ländern, die sich mit dem Leid der aktuellen Konflikte befassen.
Nach Kriegsende kein Dank für die Frauen
Zurück zu den weitgehend vergessenen Friedenskonferenzen vor 100 Jahren: Wurde der Einsatz den mutigen und weitsichtigen Frauen wenigstens nach dem Ende des Abschlachtens so vieler junger Menschen gedankt? Etwa durch das schon lange überfällige Frauenwahlrecht? Die bürgerlichen Parteien wehrten sich in Deutschland und anderen Ländern dagegen mit Händen und Füßen. Dank der SPD – und der frühen Überzeugungsarbeit des 1913 verstorbenen Vorsitzenden August Bebel – wurde es 1919 in Deutschland endlich verabschiedet.
„Frauen in Krieg und Frieden 15 – 45 – 15“ ist bis zum 1. November dieses Jahres zu sehen.