Kultur

Das Leben der Unsichtbaren

Der 12. SPD-Filmabend anlässlich der Filmfestspiele präsentiert am Montag „Heute bin ich Samba“, einen Film über das Leben illegaler Einwanderer – komisch, tragisch und mit Starbesetzung.
von ohne Autor · 6. Februar 2015
Szene aus"Heute bin ich Samba"
Szene aus"Heute bin ich Samba"

Ein guter Film kann unterhalten und zugleich, ganz leichtfüßig, den Horizont erweitern. „Heute bin ich Samba“ ist so ein Film. Er nimmt seine Zuschauer mit in die Lebenswirklichkeit illegaler Einwanderer – es ist die Realität der Baustellen, der Restaurantküchen und Mülltrennanlagen, wo sich bei harter Arbeit kleines Geld verdienen lässt. Nun könnte so ein Film grau und ernst sein und wäre es wohl zu Recht. Doch die Regisseure und Drehbuchautoren Éric Toledano und Olivier Nakache, die sich mit dem Film „Ziemlich beste Freunde“ einen Namen gemacht haben, nähern sich ihrem ernsten Thema überraschend humorvoll. Und es funktioniert.

„Heute bin ich Samba“ erzählt von Samba (Omar Sy), der vor mehr als zehn Jahren nicht ganz legal aus dem Senegal nach Frankreich kam. In Paris hält er sich mit Aushilfsjobs über Wasser. Als ihm eine feste Stelle in Aussicht gestellt wird, sucht er um Aufenthaltserlaubnis nach – und landet in Abschiebehaft. In dieser verzweifelten Lage trifft er auf Alice (Charlotte Gainsbourg). Sie arbeitet ehrenamtlich für eine Einrichtung, die Flüchtlinge und illegale Einwanderer berät. Samba ist ihr erster „Fall“. Sie stürzt sich engagiert hinein und schlägt Warnungen, Distanz zu wahren in den Wind. Ihr Einsatz hat aber keine rein idealistischen Gründe: Alice ist dabei, sich von einem Burnout zu erholen. Der Weg vom Krankenhaus zurück ins Büro soll über die ehrenamtliche Arbeit führen.

Lohnsklaven unserer Zeit

Samba konfrontiert sie mit einer ganz anderen Lebensrealität. Sein Antrag wird abgelehnt. Er soll das Land verlassen und taucht unter. Es beginnt ein Dasein mit gefälschten Ausweisen und in Warteschlangen für Tagelöhner-Jobs. Toledano und Nakache stellen ihrer Hauptfigur den lebensfrohen Wilson (Tahar Rahim) an die Seite. Er zeigt Samba wo es langgeht, wie man möglichst viele der miesen Jobs abgreift und das Leben als Illegaler mit Humor meistert. Das heißt nicht, dass sie nicht auch vergeblich stundenlang um Jobs anstehen oder vor Polizeirazzien fliehen müssen. Doch es ist genau dieser geglückte Balanceakt zwischen Komödie und Drama, der „Heute bin ich Samba“ auszeichnet.

Wenn Wilson für die Frauen tanzt, deren Hochhausbürofenster er in schwindelerregender Höhe putzt, lacht man – und versteht trotzdem oder gerade deshalb, wie hart das Leben dieser Unerwünschten ist. „Wir haben den Statistiken ein Gesicht gegeben“, sagt Toledano. Wie bitter nötig das ist, zeigt nicht zuletzt der Zulauf, den die islamfeindliche „Pegida“ hierzulande hat, indem sie diffuse Ängste vor Fremden schürt. Samba und Wilson sind keine Heiligen. Sie sind Menschen mit Fehlern wie andere auch. Vor allem aber sind sie Arbeitskräfte, mit denen die europäische Gesellschaft fest rechnet. „Wir wollten die unsichtbaren Lohnsklaven unserer Zeit in ihrem Milieu filmen“, erklärt Nakache.

Die andere Seite dieser Medaille ist Alice. Auch in ihrem Leben spielt Arbeit eine zentrale Rolle, aber nicht aus den gleichen Gründen wie in Sambas. Alice definiert sich über ihren Job – so sehr, dass er sie krank gemacht hat. „Ist Arbeit wirklich der ultimative Sinn und Zweck unseres Lebens? Die Vorstellung, diese Frage ganz offensiv zu stellen, gefiel uns sehr“, erklärt Toledano. Gemeinsam mit Nakache kommt er zur Preview des Films im Berliner Willy-Brandt-Haus.

»Cinema meets Politics«

Bevor ihr Film gezeigt wird, heißt es am Montag in der SPD-Parteizentrale „Cinema meets Politics“: SPD-Chef Sigmar Gabriel diskutiert mit den Regisseuren Connie Walter und Pepe Danquart sowie dem Produzenten Alexander Thies über „Filmförderung, Urheberrecht und Digitalisierung“. Denn Filme, die Horizonte erweitern, brauchen gute Rahmenbedingungen – und die werden nicht zuletzt politisch gesetzt.

 

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