Kultur

Das kurze Leben des Wilhelm Aron

von Die Redaktion · 5. Juni 2007
SPD-Chef Sigmar Gabriel
SPD-Chef Sigmar Gabriel

Wilhelm Aron war der Sohn eines Bamberger Rechtsanwalts. Bereits im Alter von 14 Jahren schloss er sich der Sozialistischen Arbeiterjugend und der SPD an. Nach dem Abitur 1925 studierte er in Erlangen, Würzburg und München Jura und wurde Mitglied des schlagenden jüdischen Burschenbundes "Wirceburgia Würzburg" Gleichwohl blieb er der Arbeiterbewegung verbunden. Seit 1931 als Rechtsreferendar an Bamberger Gerichten tätig, verteidigte er 1932 nach einer Straßenschlacht zwischen Nazis und SPD-Anhängern angeklagte Sozialdemokraten und machte sich damit in Bamberg auch unter seinen nationalsozialistischen Gegnern einen Namen Sie hassten den Juden und "Stehkragenproletarier".

Im März 1933 wurde Aron verhaftet und im Mai im Konzentrationslager Dachau brutal ermordet. Das Leben von "Bambergs erstem NS-Opfer" galt immer als geheimnisumwittert. Jetzt wird es in einem eigenen Buch erstmals anhand fundierter Quellenauswertung dargestellt.

Jüdischer Märtyrer

Die Autoren, der Bamberger Kulturwissenschaftler und Historiker Andreas Dornheim sowie der Haßfurter Historiker und Archivar Thomas Schindler, publizieren gemeinsam die Ergebnisse ihrer in den letzten Jahren - zunächst unabhängig voneinander - aufgenommenen Forschung über Aron. Der Veröffentlichung gingen umfangreiche Recherchen in zahlreichen Archiven in Deutschland und Israel voraus. Das kurze Leben des Wilhelm Aron, das nicht ganz 26 Jahre dauerte, hat nur wenige verstreute Spuren hinterlassen. Dazu kommt, so Dornheim, dass die Nazis die Umstände von Arons Sterben zu verschleiern versuchten, weil sie befürchteten, er könne ihnen als "jüdischer Märtyrer" noch nach seinem Tod gefährlich werden.

In seiner "Annäherung an Wilhelm Aron" geht Andreas Dornheim ausführlich auf dessen familiäre Herkunft und seine Entwicklung in Schule und Jugendbewegung ein. Anhand noch vorhandener Gerichtsakten werden die Prozesse, in denen Aron in Vertretung seines Vaters Anfang der 30ger Jahre als Verteidiger auftrat, in vielen Einzelheiten dargestellt. Ebenso die 1951 in München erfolgten Strafverfahren gegen zwei seiner Mörder, die übrigens trotz ihrer Verurteilung relativ glimpflich davonkamen. Auch das Schicksal der Eltern Albert und Berta Aron, die neun Jahre nach dem gewaltsamen Tod ihres einzigen Kindes in die Vernichtungslager deportiert wurden, bleibt nicht unerwähnt.

Funktionär und Fuchsmajor

Speziell dem Waffenstudenten Wilhelm Aron gilt der zweite Beitrag des Bandes. Thomas Schindler schildert zum einen den Werdegang Arons in der schlagenden jüdischen Verbindung "Wirceburgia Würzburg" von der Aufnahme als Fuchs bis hin zur Rede eines Bundesbruders bei seiner Beerdigung. Zum anderen stellt er die Entwicklung Wirceburgias im Rahmen der allgemeinen deutschen Studentengeschichte und des studentischen Antisemitismus dar. Der Aufsatz ist auch für solche Leser geschrieben, die keinen Bezug zum Korporationsstudententum haben und auf die diese Facette in Arons Vita nicht zuletzt wegen seiner politischen Orientierung eher befremdlich wirken könnte. Der Autor zeigt dabei auf, dass Arons gleichzeitiges Engagement als Funktionär der Sozialistischen Arbeiterjugend in Bamberg sowie als Fechtwart und Fuchsmajor seiner Würzburger Verbindung sich sehr wohl miteinander vereinbaren ließen.

Ergänzt werden die jeweils mit Anmerkungsapparat und Quellenangaben versehenen Beiträge unter anderem durch als Anhang wiedergegebene Dokumente und ein Personenregister. Sechs der elf Abbildungen geben (korporations-)studentische Inhalte wieder, vor allem auch zwei bisher unbekannte Porträtaufnahmen des Schülers und Studenten Wilhelm Aron aus den Immatrikulationskarteien der Universitäten Würzburg und München.



Israel Schwierz



Andreas Dornheim / Thomas Schindler: "Wilhelm Aron (1907-1933). Jude, NS-Gegner, Sozialdemokrat und Verbindungsstudent"

(Bd. 40 der Schriftenreihe des Historischen Vereins Bamberg), Bamberg 2007, 122 Seiten, 12 Euro , ISBN 3-87735-187-5

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