Kultur

Das kulturelle Gesicht Afghanistans

von Romy Hoffmann · 2. April 2012

Die Kultur Afghanistans ist vielen Menschen unbekannt. Das Land am Hindukusch ist aber mehr als ein Staat im Kriegszustand. Yvonne von Schweinitz reiste 1953 durch ein Land, das durch seine kulturelle Schönheit überzeugt. Sie hielt ihre Impressionen auf Fotos fest.

Denken wir an Afghanistan, stellen wir uns ein „geschundenes Land“ vor, das geprägt ist von „Terror, Tote, Taliban“. Besser hätte Richard von Weizsäcker unsere Assoziationen mit dem Land nicht formulieren können. Der ehemalige Bundespräsident sprach die Grußworte bei der Eröffnung der Fotoausstellung „Gesichter Afghanistans – Erfahrung einer alten Welt“, präsentiert vom Verein „Freundeskreis Willy-Brandt-Haus“, am 29. März 2012 in Berlin. Dieses negative Bild kann Reinhard Erös nicht teilen. Der Arzt betreibt seit mehr als einem Jahrzehnt die Kinderhilfe Afghanistan. Er appelliert an die Gäste der Ausstellungseröffnung: „Wir müssen die Afghanen als Menschen und nicht als Teil eines politischen und militärischen Schlachtfeldes begreifen.“ Die Afghanen seien ein urfreundliches und liebenswertes Volk, bekräftigt er.

Diese Erfahrung machte auch Yvonne von Schweinitz. Als junge Frau reiste sie im Jahr 1953 drei Monate durch den Vielvölkerstaat Afghanistan um Land und Leute kennen zu lernen. Es war die Zeit, als Nordamerikaner und Europäer die ersten Entwicklungsprojekte im Land am Hindukusch starteten. Bis dahin war das Bild von unasphaltierten Straßen, Wüstensteppen und kargen Bergregionen geprägt. Dann baute man Staudämme und Kohlekraftwerke. Auch militärisch wurde das Land auf die Beine gestellt. Wie damals bestimmten noch heute nicht Großunternehmen, sondern Bauern und Händler das Bild des Landes, erinnert Weizsäcker. Und eben dieses Bild vermittelt die Fotografin.

Afghanische Lebensform

Im Mittelpunkt der ausgestellten Fotografien steht der Mensch. In Portraits und Momentaufnahmen stellt von Schweinitz das alltägliche Leben der Afghanen dar. Es sind Wandernomaden, die ihr Vieh tränken, verhüllte und unverhüllte Frauen, die das Essen in einer kleinen Lehmhütte zubereiten und alte Männer, die sich auf dem Sandboden der Musik der eigen hergestellten Instrumente erfreuen. Die Bilder zeigen eine überaus reichhaltige Kultur, die uns gänzlich fremd ist. Trotz der einfachen Lebensverhältnisse zeugen die festgehaltenen Emotionen von Freude und Optimismus. Das kann auch der afghanische Botschafter in Berlin Abdul Rahman Ashraf bestätigen: „Afghanistan ist ein altes und armes Land, in dem die Menschen dennoch stolz und zufrieden sind.“

Für Weizsäcker stellen die Fotografien von Schweinitz´ ein „wahres Unikat“ dar. „Wir müssen uns ein völlig anderes Bild von Afghanistan machen. Ein Bild, das der Wirklichkeit entspricht und nicht von den Medien manipuliert wird.“ Die Fotoausstellung solle den Betrachtern auch einen Anreiz geben, dem Fremden mit Offenheit und Herzlichkeit entgegen zu treten, ebenso, wie es Yvonne von Schweinitz getan hat.

Die Ausstellung kann noch bis zum 27.Mai 2012 im Willy-Brandt-Haus in Berlin besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.

Autor*in
Romy Hoffmann

Romy Hoffmann ist Studentin der Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Regensburg. Im Frühjahr 2012 absolvierte sie ein Praktikum in der Redaktion des vorwärts.

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