Kultur

Das Gesicht des 20. Jahrhunderts

von Birgit Güll · 6. Dezember 2013

Eine Hommage zum 100. Geburtstag: Zwei Fotoausstellungen zeigen den Politiker und Menschen Willy Brandt. Zwei Zeitreisen in Bildern – am Donnerstagabend wurden sie in der nach dem ehemaligen Bundeskanzler Brandt benannten Berliner SPD-Parteizentrale eröffnet.

Sein Gesicht sei eine Urlandschaft. Das hat der Fotograf Konrad Rufus Müller einmal über Willy Brandt gesagt. Müllers Aufnahmen dieser Urlandschaft sind im Atrium des Berliner Willy-Brandt-Hauses zu sehen. „Über Willy Brandt. Ein fotografisches Portrait“ heißt die Schau. Es sind eindrucksvolle schwarz-weiß Fotografien des Politikers. Zwei Jahrzehnte lang hat Müller Brandt begleitet. Er hat sein Gesicht studiert und fotografiert.

„Schwarz-weiß mit allen Schattierungen dazwischen“

„Müller-Gesichter. Schwarz-weiß mit allen Schattierungen dazwischen“, sagt Werner Perger über die Fotos. Der Journalist ist ins Willy-Brandt-Haus gekommen, um über die Ausstellung seines Freundes Konrad Rufus Müller zu sprechen. Diese Aufnahmen, die das Gesicht Brandts eingefangen haben, dieses Gesicht, das von Brandts komplexer Biografie und von seinen Erfahrungen geprägt sei, sagt Perger: „Brandt. Das Gesicht des 20. Jahrhunderts.“

In der Galerie im 2. Stock des Willy-Brandt-Hauses hängen Fotografien von vier Fotografen des Magazins „Stern“. Willy Brandt als Regierender Bürgermeister von Berlin, als deutscher Außenminister, Willy Brandt auf Wahlkampf, Kanzler Willy Brandt. Er war stets begleitet von Journalisten und Fotografen. „Willy Brandt. Eine Hommage in Bildern“ heißt die Ausstellung der Arbeiten von Max Scheler, Robert Lebeck, Thomas Hoepker und Volker Hinz.

„Ein herrliches Stück Zeitgeschichte“

„Ein herrliches Stück Zeitgeschichte“, sagt die Journalistin Wibke Bruhns über die Bilder. Sie hat selbst für den „Stern“ gearbeitet, war bei vielen der festgehaltenen Ereignisse dabei. Die Bilder lassen die Erinnerung lebendig werden. Willy Brandt mit Israels früherer Ministerpräsidentin Golda Meir, mit Jugoslawiens Staatschef Tito. Willy Brandt mit seiner Frau und seinen Söhnen. Willy Brandt beim Schwimmen, beim Fernsehen, im Zug.

Eine Fotografie Robert Lebecks zeigt Brandt in der Bahn – ein Sonderzug zu Wahlkampfzeiten, ein Wagen voller Journalisten. Brandt wirft einen eindeutig zweideutigen Blick auf eine junge Frau mit Zigarette. Sie erwidert den Blick. Das Foto ist auf der Einladungskarte zur Ausstellung abgedruckt. Die Frau aus dem Foto hat sich daraufhin beim Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V., der die Ausstellungen organisiert, gemeldet. Sie ist inzwischen Rentnerin. Als das Foto entstand, war sie als Journalistin für den SWR Tübingen mit Brandt unterwegs, erzählt Gisela Kayser vom Freundeskreis. Erinnerungen.

„Er ließ frische Luft ins Land“

Auch Peer Steinbrück erinnert sich am Donnerstagabend an Willy Brandt. „Er hat Fenster aufgemacht. Er ließ frische Luft ins Land“, sagt Steinbrück. „Willy Brandt war eine Lichtgestalt.“ Am 8. Oktober 1992 ist er gestorben. Seine Maxime des stetigen Aufbruchs bleibe wichtig für die SPD betont Steinbrück. Am 18. Dezember wäre Willy Brandt 100 Jahre alt geworden.

Ausstellungen bis zum 12. Februar 2014, Willy-Brandt-Haus Berlin, Dienstag bis Sonntag 12 bis 18 Uhr, Eintritt frei, Ausweis erforderlich

Vom 24. bis 26.12.2013 sowie am 31.12.2013 und am 1.1.2014 geschlossen

Autor*in
Birgit Güll

ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.

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