Anhand zahlreicher Belege aus Koran und Sunna zeigt die Sozialwissenschaftlerin und freie Autorin Hiltrud Schröter auf, wie sehr sich die im Islam vermittelten Vorstellungen von
Geschlechterordnung und Menschenrechten vom heutigen westlichen Wertekanon unterscheiden. Dabei betont sie den Grundsatz der Verschiedenheit der Geschlechter und den Aufruf bzw. die Legitimation
zur - wenn nötig auch gewalttätigen - Missionierung Andersgläubiger im Islam. Mit dessen Bezeichnung als "drittes totalitäres System" warnt Schröter eindringlich vor dem Islam als politischer
Religion mit Expansionsanspruch.
Warnende Kritik
Selbst Terroranschläge fundamentalistischer Selbstmordattentäter sieht sie in den Texten von Koran und Sunna legitimiert. Die Einschränkung des Tötungsverbots, Blutrache, körperliche Strafen
und nicht zuletzt die ambivalente Rolle des Propheten Mohammed und von Allah selbst - der sich im Koran nicht nur als liebender Gott, sondern auch als strafende, irreleitende und willkürliche
Allmacht präsentiere - bildeten eine theoretische Basis für gewaltbereite Islamisten.
Den Schwerpunkt ihrer Islamkritik legt Schröter jedoch auf die Geschlechterrollen und die damit verbundene Benachteiligung muslimischer Frauen. Dabei führt sie die Verdrängung der Frau aus
der öffentlichen Sphäre ebenso wie Ehrenmorde, Zwangsheirat, Gewalt und Verge-waltigung in der Ehe auf dem Islam immanente patriarchalische Vorstellungen vom Zusam-menleben der Geschlechter zurück.
Koran und Sunna zeichneten Frauen nicht als eigenstän-dige Personen, sondern lediglich als passive sexuelle Objekte. Mittels ihres männlichen "Ge-schlechtsvormunds" würden muslimische Frauen zur
Keuschheit vor der Ehe und später zu sexueller Hingabe gegenüber ihrem Ehemann verpflichtet. Einen klaren Beleg für dieses Bild der Frau als jungfräuliche, sexuelle Dienerin des Mannes sieht
Schröter in der Vorstellung, dass 70 mal 70 stets verfügbare Jungfrauen jeden Mann im islamischen Paradies erwarten. Das Tragen von Schleiern, Burkas oder Kopftüchern hingegen sei nicht eindeutig
durch den Koran vorgeschrieben.
Kein schlüssiger Beweis
Doch so kenntnisreich Schröters Analyse zahlreicher textlicher Belege aus Koran und Sunna auch sein mag, als Beweis für die Unvereinbarkeit des Islam mit Geschlechtergerechtigkeit und
Menschenrechten im Gegensatz zum Christentum erscheint sie ungeeignet. Betrachtet man die Geschichte des Christentums, so fällt auf, dass auch dieses über Jahrhunderte hinweg von
Frauenunterdrückung, Expansionsstreben und Menschenrechtsverletzungen gekennzeich-net war. Man denke nur an die Rolle der Kirche im Mittelalter oder den bis ins 20. Jahrhun-dert hineinreichenden
Kolonialismus. Geht man nun wie Schröter davon aus, dass sich das Christentum bereits mit Jesus und dem Neuen Testament einer gerechteren Weltordnung ver-schrieben habe, so steht dies in klarem
Widerspruch zu der von ihr angenommenen hohen Relevanz der konkreten Textinhalte.
Historisch gesehen scheinen Frauenunterdrückung und Menschenrechtsverletzungen also kei-nesfalls in einem so engen Zusammenhang mit den textlichen Grundlagen einer Religion zu stehen, wie von
der Islamkritikerin angenommen. Schröters Versuch, eine Unvereinbarkeit von Islam, Menschenrechten und Geschlechtergerechtigkeit durch Zitate aus Koran und Sun-na zu belegen, kann deshalb nicht zum
Erfolg führen.
Tobias Quast
Hiltrud Schröter: Das Gesetz Allahs. Menschenrechte, Geschlecht, Islam und Christentum; Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus, 2007; 19,90 Euro; ISBN 978-3-89741-221-7
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