Kultur

Buchautor Heiko Maas: Wie er die Rechten auf den Nerv trifft

Kaum ein Bundespolitiker wird von Rechtsextremen und Rechtspopulisten so scharf attackiert wie Heiko Maas. Nun hat der Justizminister ein Buch geschrieben. Die ersten Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.
von Robert Kiesel · 24. Mai 2017
Bundesjustizminister Heiko Maas: Dem Hass im Internet soll jetzt per Gesetz ein Riegel vorgeschoben werden.
Bundesjustizminister Heiko Maas: Dem Hass im Internet soll jetzt per Gesetz ein Riegel vorgeschoben werden.

Alles begann in Zwickau. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte anlässlich der Feierlichkeiten zum 1. Mai geladen, Heiko Maas war als Redner gekommen. Es folgte ein Auftritt, der im Gedächtnis blieb. Dass als „besorgte Bürger“ getarnte Rechte seine Rede mit Trillerpfeifen und „Volksverräter“-Rufen massiv störten und es nur durch Glück nicht zu körperlichen Attacken kam, stand am Tag danach in allen Zeitungen. Maas verließ Zwickau mit der bitteren Erkenntnis: „Hier geht die Streitkultur unserer Demokratie vor die Hunde.“

Heiko Maas: Lieblingsfeind der extremen Rechten

Das alles geschah vor etwas mehr als zwei Jahren. Mittlerweile steht Maas ganz oben auf der Liste jener Vertreter des „Altparteienkarstells“, gegen die Anhänger von Gruppen wie Pegida oder Mitglieder der AfD besonders massiv hetzen. Insbesondere die jüngst in Gesetzesform gegossenen Vorstöße des Justizministers gegen das Ausufern von Hass und Hetze in Sozialen Netzwerken treiben seine Gegner sprichwörtlich auf die Palme. Es ist kein Zufall, dass sich die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ ausgerechnet das Justizministerium als Ziel ihrer jüngsten – im Netz mit Hohn und Spott bedachten – „Aktion“ auserkoren hatte.

In „Aufstehen statt wegducken – Eine Strategie gegen Rechts“ analysiert Maas, wo seiner Ansicht nach die Ursachen für das Aufkommen des Rechtspopulismus in Deutschland und Europa liegen und wie sich eine lebhafte Demokratie und ihre Zivilgesellschaft dagegen zur Wehr setzen kann. In 14 Kapiteln widmet er sich verschiedenen Phänomen, die den offenen Streit der Meinungen und damit die Demokratie insgesamt bedrohen. Maas legt dar, warum er in seiner Rolle als Justiz- und Verfassungsminister nicht schweigt, wenn Grundrechte wie die Verbürgung der Menschenwürde in Gefahr sind.

„Politisieren statt Polarisieren“

Den roten Faden von „Aufstehen statt wegducken“ bildet der Aufruf, die Demokratie nicht jenen zu überlassen, die Meinungsfreiheit mit der Freiheit zur Beleidigung und Bürgerbeteiligung mit dem Recht auf Volksabstimmungen gleichsetzen. „Eine Demokratie gerät in Gefahr, wenn Antidemokraten zu großen Einfluss auf das öffentliche Klima gewinnen“, schreibt Maas und dürfte dabei nicht nur, aber eben auch seinen Auftritt in Zwickau im Kopf haben.

Ins Gericht geht der Justizminister auch mit seiner eigenen Partei, der SPD. Die bei vielen als „Basta-Politik“ im Gedächtnis gebliebene Marschroute des Ex-Kanzlers Gerhard Schröder hätte ebensowenig zum Demokratievertrauen der Wähler beigetragen wie die Formulierung einer „alternativlosen“ Politik, wie sie Schröders Amtsnachfolgerin Angela Merkel so häufig verwendet, so Maas. „Gerade in Zeiten der Großen Koalitionen sah die politische Auseinandersetzung in  Deutschland viel zu lange nach Wachkoma aus“, kritisiert er und plädiert dafür, auch innerhalb der eigenen Partei schwelende Konflikte offen auszutragen. „Politisieren statt Polarisieren“, so das Credo des Ministers, der die Streitkultur als „Fundament unserer Demokratie“ bezeichnet.

AfD veröffentlicht gefälschten Buch-Titel

Den Beleg dafür, wie unsauber die Auseinandersetzung um die politische Deutungshoheit mittlerweile geführt wird, lieferte wenige Tage nach der Premiere von „Aufstehen statt wegducken“ die AfD. Deren Thüringer Landeschef Björn Höcke veröffentlichte auf seinem Facebook-Profil eine Bildmontage, in deren Hintergrund der Buchtitel „Eine Strategie gegen Rechts“ in den Slogan „Eine Strategie gegen das Recht“ verfälscht wurde. In dem mehr als 300 Mal geteilten Beitrag wertete Rechtsausleger Höcke die Buchveröffentlichung als „Wahlkampf direkt aus dem Justizministerium“, warf Maas die Aufweichung der Grenzen der Gewaltenteilung vor und zog den Vergleich zu „totalitären Staaten“.

Der Piper-Verlag, in dem das Buch „Aufstehen statt wegducken“ erschienen ist, legte umgehend rechtliche Schritte gegen die offenkundige Fälschung ein und forderte die AfD Thüringen sowie Björn Höcke dazu auf, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg erklärte: „Wenn es eines Relevanznachweises für das wichtige Buch von Heiko Maas bedurft hätte, so liefern ihn solche Aktionen wie die der AfD sowie die tendenziösen und hasserfüllten Bewertungen des Buches im Netz.“

Info: „Aufstehen statt Wegducken - Eine Strategie gegen Rechts“ ist im Piper-Verlag erschienen und kostet 20 Euro. S. 231, ISBN 978-3-492-05841-4

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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