Kultur

Buch: Ex-„Hooligans gegen Satzbau“ mit Anleitung zum Aktivismus

Als maskierte „Hooligans gegen Satzbau“ waren die Autor*innen jahrelang im Internet gegen Rechtsextremismus unterwegs. Nun haben die beiden unter ihren Klarnamen ein „politisches Mitmachbuch“ als Anleitung zum Aktivismus herausgegeben.
von Jonas Jordan · 14. September 2023
Buchcover Aktivistmuss
Buchcover Aktivistmuss

„Es ist kein klassisches Lesebuch, sondern eher ein Nachschlagewerk, das allerlei Fragen beantwortet zu den Themen Rechtsradikalismus“, sagt „Matze“, der mit vollem Namen Matthias Seeba-Gomille heißt. Jahrelang waren er und Frauke Seeba als „Hooligans gegen Satzbau“ im Internet unterwegs, um rechte Parolen mit Witz, Klugheit und Sachkenntnis zu kontern. Der Ansatz der Initiative war zunächst, die fehlende Rechtschreibung von Nazis in Social-Media-Posts aufs Korn zu nehmen: „Wenn ihr so stolz auf Deutschland seid, wäre es doch schön, wenn ihr eure Muttersprache beherrscht“, sagten sie vor gut drei Jahren im Gespräch mit dem „vorwärts“.

Nach acht Jahren Identität gelüftet

Die Identität der beiden Aktivist*innen war lange ein gut gehütetes Geheimnis. Außer dass sie sich vor allem um die Texte und den Social-Media-Auftritt kümmerte und er die Grafiken vom Sharepic bis zum Plakat bastelte, war nicht viel über „Kiki Klugscheißer“ und den „Grafikhool“ bekannt. Nicht zuletzt, um sich und ihre Familie gegen mögliche Angriffe von rechts zu schützen.

Doch im August 2022 nahmen Frauke Seeba und Matthias Seeba-Gomille ihre Masken ab. Nach acht Jahren hängten sie ihre Masken und damit die „Hooligans gegen Satzbau“ an den Nagel. Auch um sich künftig neuen Projekten zu widmen. Das haben sie nun getan und im Kunstmann-Verlag das Buch „Aktivistmuss“ veröffentlicht. „Es ist keine Studie über Aktivismus, sondern soll die Menschen zum Nachdenken bringen. Denn wir haben eine Haltung und sind nicht neutral“, sagt „Kiki“ alias Frauke Seeba während einer Online-Lesung der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Kein klassisches Buch

Und genauso wie das Buch kein klassisches Buch ist, das sich von Seite eins bis 367 durchliest, ist auch die Lesung keine, bei der die Teilnehmer*innen eineinhalb Stunden lang nur zuhören. Zwar tragen „Matze“ und „Kiki“ zwischendurch im Dialog auch Texte vor. Doch dazwischen wird es interaktiv. Die Zuhörer*innen können an einem Quiz teilnehmen oder sollen mithilfe einer Fingerübung ihre Privilegien reflektieren. 

„Aktivistmuss“ ist als „politisches Mitmachbuch“ konzipiert und in 17 verschiedene Teile konzipiert, die jedoch nicht zwingend aufeinander folgend behandelt werden müssen. In einem Kapitel erklären die Autor*innen beispielsweise, wie Nazis anhand von Codes, Mode oder Symbolen zu erkennen sind. Im hinteren Teil des Buches geht es schließlich schwerpunktmäßig darum, wie die Leser*innen selbst aktiv werden können – online wie offline.

Aktivist*in werden in sechs Schritten

Dafür geben die Autor*innen ganz konkrete Empfehlungen in sechs Schritten mit Schritt eins „Lass deine Empörung zu! Denn deine Empörung ist Dein Motor und gibt Dir Kraft“ bis hin zu Schritt sechs „Geht auf die Straße, macht den Mund auf, startet eine Seite in einem sozialen Netzwerk, postet, kommentiert, schreit, setzt euch in den Weg!“ Das Buch eignet sich als Lektüre insbesondere für alle Antifaschist*innen und die, die es noch werden wollen. Aufgrund seines sinnvoll durchdachten didaktischen Ansatzes mit Quizzen und individuellen Reflexionsmöglichkeiten würde es sich sicherlich auch für den Politik-Unterricht an Schulen eignen, auch wenn das einer bestimmten Partei vermutlich weniger gefallen dürfte.

AKTIVISTMUSS – Ein politisches Mitmachbuch; 368 Seiten; erschienen im Verlag Antje Kunstmann; 20 Euro

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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