Kultur

Bonner Frauenmuseum: Von keltischen Göttinnen und unbekannten Komponistinnen

Ohne die Zähigkeit von Marianne Pitzen hätte es das Bonner Frauenmuseum nie gegeben. Immer wieder war es von Schließung bedroht. Doch die 70-Jährige sprüht vor Energie und hat noch viel vor.
von Renate Faerber-Husemann · 10. Dezember 2018

Seit fast 40 Jahren gibt es das Bonner Frauenmuseum, das älteste der Welt, und seit dieser Zeit war es immer wieder von Schließung bedroht. Zu reizvoll war das große, reparaturbedürftige Gebäude im Besitz der Stadt mitten in der Altstadt für Investoren. Doch die Zähigkeit der Gründerin und Leiterin, der Künstlerin Marianne Pitzen, hat nach Jahrzehnten über die Begehrlichkeiten der Haushaltspolitiker gesiegt. In diesem Jahr wurde das Haus mit seinem intimen Innenhof für 510.000 Euro (und damit äußerst preiswert) an das Frauenmuseum verkauft. Und nun können Marianne Pitzen und ihre  Mitstreiterinnen endlich über den Tag hinaus planen.

Mehr als 700 Ausstellungen in 40 Jahren

Auf über 700 Ausstellungen mit rund 3000 Künstlerinnen können die Frauen, die meisten ehrenamtlich und hoch engagiert, zurückblicken. Künstlerinnen aus der ganzen Welt beschäftigen sich mit Themen wie Alleinerziehende Mütter, mit Weltreligionen, mit Frauen und Geld, mit Kunst und Migration, mit zeitgenössischen jüdischen Künstlerinnen, mit Frauen und Krieg. Marianne Pitzen und ihre Mitstreiterinnen sind vernetzt mit den 30 Frauenmuseen, die es weltweit inzwischen gibt. Gerade wurde eine Ausstellung über jessidische Frauen und ihre Flucht vor dem IS eröffnet.

Ohne die Zähigkeit von Marianne Pitzen hätte es das Museum nie gegeben, ohne ihre Begabung für öffentlichkeitswirksame Aktionen wäre es längst wieder geschlossen worden. Immer wieder hat sie es – auch mit unbekümmerter Dreistigkeit, wie manche seufzen – geschafft, das Geld für Ausstellungen, für Kataloge, für Strom und Heizung in dem zugigen Bau zusammenzukratzen. Die 70jährige sprüht vor Energie, räumt aber ein, dass ihr die Bürokratie, die ständige Rechnerei „manchmal schon auf den Geist geht“.

Kunst hat Marianne Pitzen nie studiert

Und natürlich kommt ihre eigene künstlerische Arbeit  zu kurz. Dabei hat sie selbst durchaus viel vorzuweisen: Ihre leuchtenden Pappmache-Figuren keltischer Göttinnen, ihr „Matronenheer“, wie sie die Arbeiten nennt, bleiben lange im Gedächtnis. Inspiriert wurde sie durch Ausgrabungen solcher Matronen unter dem Bonner Münster. Die zierliche Künstlerin erinnert selbst an diese Frauen, die sie seit Jahrzehnten immer wieder beschäftigen. Ihre Frisur, üppig, mit großen Schnecken über den Ohren, gleicht der jener Matronen und wird in Porträts über sie immer wieder thematisiert.

Kunst hat Marianne Pitzen nie studiert, obwohl sie schon als Kind wusste, was sie einmal werden wollte: Künstlerin. „Man bekommt gesagt, was Kunst ist. Das war nichts für mich.“ Vielleicht ist ihr auch deshalb das Kinderatelier in diesem ehemaligen Kaufhaus für Haushaltswaren ein besonderes Anliegen, in dem Jungen und Mädchen ihre Phantasie ungebremst ausleben dürfen.

Museum ohne weihevolle Stimmung

30.000 Besucher kommen jährlich, Frauen, Männer, Kinder. Es gibt ein Cafe und einen kleinen aber feinen Museumsshop. Das Haus lebt, die weihevolle Stimmung, die in Museen oft herrscht, ist dem Frauenmuseum im Krausfeld 10 fremd. Dabei scheut das Museum harte Stoffe, wie jetzt in der Ausstellung über den Femizid an den Jessidinnen, nicht. Demnächst steht das Projekt „Trostfrauen“ auf dem Programm. Es geht um die Zwangsprostituierten in japanischen Kriegsbordellen während des Zweiten Weltkriegs.

Und im Jahr 2020 wird man sich auf ganz spezielle Weise während des in Bonn groß gefeierten Beethoven-Jahres auch um dieses Thema kümmern. Fast klingt es wie eine Drohung, wenn Marianne Pitzen ankündigt: „Da werden wir Komponistinnen präsentieren, die Beethoven ignoriert hat.“

Autor*in
Renate Faerber-Husemann

(† 2023) war freie Journalistin in Bonn und Erhard-Eppler-Biografin.

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