Kultur

Biographie eines (fast) Vergessenen

von ohne Autor · 21. November 2007

1858 wurde Ludwig Quidde in Bremen geboren. An ihn erinnert sich in der Hansestadt jedoch kaum noch jemand. Dabei gehörte der linksliberale Historiker, Publizist und Pazifist zu den einflussreichsten Politikern in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Er war ein prominenter Kritiker von Kaiser Wilhelm II. 1927 erhielt er den Friedensnobelpreis für seine Leistungen als treibende Kraft in der deutschen Friedensbewegung. Als Vorsitzender der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) engagierte er sich für den Pazifismus. Darüber hinaus war er Teilnehmer und Redner bei verschiedenen internationalen Friedenskongressen sowie Organisator des 16. Weltfriedenskongresses 1907 in München.



Kaleidoskop der Zeit


"Dass Ludwig Quidde nicht gänzlich in Bremen vergessen wurde, ist das Verdienst von Karl Holl", betonte Hans Kloft, emeritierter Historiker der Universität Bremen, in seiner Laudatio anlässlich der Biographievorstellung. Diese fand in der Landesvertretung des Stadtstaates in Berlin statt. Mit seinem gut 600 Seiten starken Buch habe Holl "kein Klein-, sondern ein Großod" geschaffen. Für dieses hat der Autor während eines Großteils seines Lebens recherchiert und zwischen 1971 und 2007 intensive Quellenarbeit betrieben. Enstanden ist ein "Kaleidoskop der damaligen Zeit und ihrer Probleme", wie Kloft hervorhob.

Als "Widerspiegelung seines Scheiterns" bezeichnete der Biograph selbst das Leben Ludwig Quiddes. Dieser sei zeitlebens "ein erfolgloser Streiter für Demokratie" gewesen. Dabei war Quidde bereits 1893 in die erst 1868 gegründete Deutsche Volkspartei (DtVP) eingetreten, die seiner antimilitaristischen, antipreußischen, bürgerlich-demokratischen und pazifistischen Orientierung entsprach. Sozialdemokrat sei er nur deshalb nicht geworden, "weil ihm seine Bürgerlichkeit im Weg stand". Während des Ersten Weltkriegs wurde Quidde als Kriegsgegner in seiner Partei bald zum Außenseiter.

Leben voller Brüche

Nach dem Krieg war Quidde als Abgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) in der Weimarer Nationalversammlung aktiv. Nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten emigrierte er im März 1933 in die Schweiz, wo er in den folgenden Jahren bis zu seinem Tod unter schwierigsten Verhältnissen in Genf lebte. Doch auch wenn sein Leben voller Brüche gewesen sei, wie sein Biograph Karl Holl herausstellt, "kann Bremen stolz auf diesen großen Sohn sein".

Karl Holl: Ludwig Quidde (1858 - 1941). Eine Biographie, Droste-Verlag 2007, 648 Seiten, 49 Euro, ISBN 978-3770016228

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