Wie korrupt sind Medien? Dieser Frage geht eine Studie nach, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Das Ergebnis: Die Medienhäuser tun zu wenig gegen den Einfluss von PR-Agenturen auf ihre Redaktionen. Nun fordern die Autoren strengere Regeln.
„Wenn man der Branche einen Gefallen tun will, sollte man ab und zu das Nest beschmutzen“, sagt Günter Bartsch. Der Geschäftsführer der Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“ tritt mit einer klaren Botschaft vor die zahlreichen Pressevertreter, die sich in einen kleinen Raum in Berlin-Mitte gedrängt haben: „Wenn Journalisten den Eindruck vermitteln, nicht unabhängig zu arbeiten, graben sie sich das eigene Wasser ab.“
Auf der Pressekonferenz wird eine Studie vorgestellt, die das Netzwerk Recherche und die Organisation Transparency International in Kooperation mit der Otto-Brenner-Stiftung erstellt haben. Ihr Titel: „Gefallen an Gefälligkeiten – Journalismus und Korruption.“
Die Studie kommt zum richtigen Zeitpunkt. Das Ansehen der Journalisten sinkt. Erst vor wenigen Tagen hat Transparency International eine Umfrage dazu veröffentlicht, welche Sektoren von der Bevölkerung als besonders korrupt wahrgenommen werden. Erstmals rangieren die Medien in diesem Jahr hinter der Öffentlichen Verwaltung und dem Parlament.
Fragwürdige Zusammenarbeit
Warum dies so ist, dazu gibt die Studie Anhaltspunkte. Sie schildert zahlreiche Beispiele, wie die Zusammenarbeit zwischen Redaktionen, Anzeigenabteilungen und PR-Abteilungen fragwürdige Ausmaße annehmen kann. Etwa, wenn Frauenzeitschriften konkrete Produkte im redaktionellen Teil anpreisen, für die wenige Seiten später auch eine bezahlte Anzeige wirbt.
Verallgemeinern will Jürgen Marten, stellvertretender Vorsitzender von Transparency International, diese Fälle aber nicht. „Es stimmt nicht, dass die Unternehmen kein Interesse an Korruptionsbekämpfung haben“, sagt er. Gleichzeitig verweist er auf die „korruptionsbeseitigende Wirkung der Medien“, die ja ihrerseits andere Unternehmen kontrollierten.
Die Medienunternehmen müssten aber die richtigen Bedingungen schaffen, um die Wurzeln von Korruption zu beseitigen, fordert Marten. Zum Beispiel durch strengere redaktionelle Richtlinien. Diese fordert auch Bartsch: Sie „können Journalisten ganz praktisch helfen, wenn sie sich gegen Begehren aus der Anzeigenabteilung wehren müssen.“ Noch besser wäre es, wenn solche Richtlinien auch in den Arbeitsverträgen der Redakteure verankert würden.
„Die Medienhäuser ruhen sich aus“
Für die Studie wurden die Chefredakteure der 30 auflagenstärksten Tageszeitungen angeschrieben und nach der „Compliance“, also den Regelwerken in ihren Medien befragt. Nur zwei von ihnen beantworteten die Fragen. Für Marten zeigt dieser Umstand, „dass das Bewusstsein für das Thema noch nicht groß entwickelt ist“. Viele Häuser ruhten sich anscheinend auf dem Glauben aus, dass ihre Journalisten nicht bestechlich seien.
Marten fordert: Die Medienunternehmen müssten klare und durchschaubare Regeln einführen. Wenn Unternehmen an der Finanzierung eines Artikels oder eine Recherche beteiligt waren, müsse dies klar benannt werden. Auch über den Status der Journalisten solle mehr aufgeklärt werden – etwa, wenn sie als freie Journalisten auf Nebenverdienste angewiesen sind, durch die sie Geld von Unternehmen erhalten. Und Günter Bartsch ergänzt, an die deutschen Unternehmen gerichtet: „Rabatte für Pressevertreter müssen abgeschafft werden.
Info: Die Studie kann hier heruntergeladen werden.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.