Berlinale-Abend der SPD: Warum Freiheit nicht verhandelbar ist
Dirk Bleicker
Ganz Berlin ist im Berlinale-Fieber. Auch in der Parteizentrale der SPD standen die Zeichen am Montagabend auf Kino. Zum 13. Mal lud die SPD zur exklusiven Vorpremiere eines Films. „Mustang“ – nominiert für einen Oscar – nahm die Gäste mit in das Leben von fünf Schwestern an der türkischen Schwarzmeerküste. Das kleine Dorf, in dem sie leben, hat Augen und Ohren. Irgendjemand sieht immer, was die fünf jungen Frauen tun, die bei ihrer Großmutter aufwachsen. Und irgendjemand findet ihr Verhalten immer falsch.
Die türkisch-französische Regisseurin Deniz Gamze Ergüven erzählt in „Mustang“ vom Erwachsenwerden in einer patriarchalen Gesellschaft. Ein harmloses Herumtollen mit einer Gruppe gleichaltriger Jungs wird den fünf Heldinnen zum Verhängnis. Ihr Onkel verwandelt das Haus in ein Gefängnis, in dem sie zu Haus- und Ehefrauen gedrillt werden. Doch ihre Gegenwehr ist stark. Ergüven zeigt keine Opfer, sondern Kämpferinnen. Helle Bilder und fünf beeindruckende Hauptdarstellerinnen – nur eine hatte vor dem Film Schauspielerfahrung – erzählen vom Widerstand.
Freiheit ist nicht verhandelbar
So viel sei verraten: Alle fünf Schwestern entkommen dem Zugriff des Onkels. Wohin ihre Wege sie führen, lässt der Film offen. Doch immerhin sind sie – zumindest bei vier der fünf jungen Frauen – selbst gewählt. Dazu zählt auch der Freitod einer der Schwestern. „Die Freiheit jedes einzelnen Menschen ist nicht verhandelbar“, sagte SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan. Das zeige der Film. Er zeige auch, dass man Menschen ihre Freiheit zwar einfach, aber nicht auf Dauer nehmen könne.
Beeindruckt von dem Film war auch die Autorin Güner Balci. „Mustang“ führe in die Lebenswelt von Menschen, die ihre Freiheit nicht bei der Geburt geschenkt bekämen, sondern täglich darum kämpfen. Das gehe uns alle an, sagte Balci.
Europa blickt auf deutsche Urheberrechtsreform
Bevor es im Willy-Brand-Haus „Film ab“ hieß, diskutierte Bundesjustizminister Heiko Maas mit Filmschaffenden über die Reform des Urheberrechts. Er umriss die drei Schwerpunkte seines vorgelegten Gesetzesentwurfs: Die faire Beteiligung der Kreativen an jeder Nutzung ihrer Arbeit. Das Recht auf Auskunft – Kreative müssten wissen, wie viel mit ihren Leistungen verdient wird. Und drittens das Verbandsklagerecht, das es Verbänden ermöglicht, die Ansprüche für Kulturschaffende durchzusetzen.
Obwohl Maas vor überzogenen Erwartungen warnte – das Urheberrecht könne Probleme wie Internetpiraterie nicht lösen – war das Echo auf den Gesetzesentwurf positiv. „Wir Urheber können diesen Schutz brauchen“, erklärte die Drehbuchautorin Carolin Otto. Europa blicke intensiv auf den deutschen Gesetzesentwurf, sagte der Drehbuchautor, Produzent und Rechtsanwalt Fred Breinersdorfer. Beim Branchengespräch wurde auch über viele Missstände gesprochen – von Billig-Buy-Outs bis hin zu Dumpinglöhnen. Doch die Gesetzesreform ist zumindest ein Schritt dahin, dass Kreative auch in Zukunft von ihrer Arbeit leben können.
Goetz Schleser
ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.