Zum Auftakt gibt der Autor einen breit angelegten Überblick über die Entwicklung der Menschenrechte und deren internationale Anerkennung nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Entwicklung vollzog
sich jedoch nicht in Form eines klar definierten Gesetzeskodex, sondern blieb stets bestimmt durch den gesellschaftlichen Kontext.
Die Menscherechte sind hierbei als säkulares Recht zu verstehen, jedoch mit starker Überschneidung zu den Grundlagen des Christentums. Der Gedanke angeborener Rechte wurde zunächst von der
katholischen Kirche keineswegs getragen und sogar in päpstlichen Stellungnahmen des 19. Jh. als Irrweg gedeutet. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil jedoch erscheint die Kirche als entschiedener
Fürsprecher der internationalen Anerkennung der Menschenrechte. Diese Aufgabe sei, so der Autor, angesichts zahlreicher Verletzungen heute wichtiger denn je.
Gefahren für die Menschenrecht
Im zweiten Kapitel des Buches greift Daniel Bogner einzelne Beispiele heraus, die verdeutlichen, in wie fern der Erhalt der Menschenrechte ein steter Prozess ist. Dies gilt etwa für die
Genforschung und die dadurch entstandenen ethischen Probleme. Darf unter dem Argument der Heilung von Krankheiten der Schutz des ungeborenen Lebens aufgeweicht werden? Bogner plädiert eindeutig
dagegen, da hier bedrohliche Dammbrüche zu erwarten sind. Die Menschenwürde des einen könne nicht gegen die eines anderen aufgewogen werden. Dieses Argument findet sich auch in einem anderen
Beispiel zu einem Fall von Kindesentführung aus dem Jahre 2002. Hier wurde nach der Festnahme des Tatverdächtigen die Information über den Verbleib des bereits ermordeten Kindes unter Androhung von
Folter erpresst. Klar spricht sich der Autor gegen das Verhalten des verantwortlichen Polizeibeamten als Bruch des Menschenrechts aus. Ein Abwägen des Rechts des Täters gegen das des Kindes sei
inakzeptabel Es werde eine Grenze überschritten, die staatliches Handeln ins Unrecht stellt.
Die Aufgabe der Religion
Im letzen Kapitel kehrt das Buch zur Überlegung zurück, dass die Kirche stärker als bisher als Kämpfer für die Menschenrechte in Aktion treten müsse. Dies gelte nicht nur für die christliche
Glaubensgemeinschaft, sondern auch für den Islam. Dieser sei zwar, so der Autor, in vielen Positionen noch nicht in Einklang mit den demokratischen Freiheitsrechten, jedoch gebe es hoffnungsvolle
Reformentwicklungen. Frei von Kritik sei jedoch auch die katholische Kirche nicht, die sich zwar für die Menschenrechte ausspricht, aber deren Grundsätze für die eigene Institution nicht streng
lebt. Erinnert wird etwa an den Zwiespalt zwischen dem Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter und dem versagten Zugang der Frauen zum geweihten Amt. Dennoch sieht Bogner die katholische Kirche
auf dem Weg zum glaubwürdigen Anwalt der Menschenrechte.
Das vorgelegte Buch bietet eine interessante Betrachtung der Menschrechtsfrage im Kontext der christlichen Lehre, obschon die besondere Affinität des Autors zur katholischen Kirche an vielen
Stellen durchscheint. Die kritischen Punkte werden zwar angerissen, aber doch stets versöhnlich diskutiert. Interessant auch, dass die evangelische Kirche kaum betrachtet wird. Irritierend wirkt
der provokante Titel (auf dem Titelblatt des Buches sogar ohne Fragezeichen und Unterzeile), der ein völlig anders Buch erwarten lässt.
Ulf Lindner
Daniel Bogner: Ausverkauf der Menschenrechte, Warum wir gefordert sind, Herder Verlag, Freiburg 2007, 142 Seiten, 14,90 €. ISBN 978-3-451-29382-5
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