Kultur

Aufschieben ist menschlich

von ohne Autor · 18. Oktober 2008
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"Fast jeder schiebt Dinge auf, doch deshalb ist er noch lange kein fauler Mensch", ist Lobo sicher. Gemeinsam mit Kathrin Passig hat er ein Buch über das Aufschieben ­- oder das "Prokrastinieren" wie es inzwischen wissenschaftlich heißt ­- geschrieben. Darin beschreiben die beiden bekennenden Aufschieber, wie man die "Dinge geregelt kriegt ohne einen Funken Selbstdisziplin".

Ein Stück "Geständnisliteratur"

"Wir haben dieses Buch aus Notwehr geschrieben", erklärt Lobo. Die Betroffenen bräuchten endlich eine Lobby. Denn obwohl fast jeder mit dem Problem zu kämpfen hat, gelten Aufschieber gemeinhin als faul. Insofern sei ihr Buch ein Stück "Geständnisliteratur".

Gesellschaftlich tabuisiert, sei Prokrastination etwas vollkommen Natürliches. "Dinge, die man aufschiebt, möchte und sollte man nicht machen", sagt Sascha Lobo. Damit gebe man lediglich dem menschlichen Drang zum Energiesparen nach. "Häufig ist es auch gar nicht wichtig, ob Dinge erledigt werden oder nicht."

Vorsicht bei gelben Briefen

Da manches dennoch getan werden muss, hat Lobo sich eine Methode ausgedacht, bei der er vor unangenehmer Arbeit geschützt, diese aber dennoch erledigt wird. "Mein Bruder öffnet jetzt meine Briefe und ich seine", erklärt der Autor. Auf diese Weise sei eine Instanz zwischengeschaltet - eine Art Puffer für Unangenehmes.

Auch hat Lobo sich ein "Handeln durch Nichthandeln" angewöhnt. Man könnte diese Methode vielleicht Aussitzen nennen, denn so manches, was wichtig wirkt, erledige sich nach einiger Zeit von selbst. So sei ein Verfahren gegen ihn wegen Überfahrens einer roten Ampel eingestellt worden, nachdem er keinen der Briefe von der Polizei beantwortet habe.

"Es gibt eine Stufe", räumt der Autor dann aber doch noch ein, "auf der sollte man reagieren." Wenn behördliche Briefe gelb seien, wäre es ratsamer, sie zu beantworten. Manchmal zählt eben doch nur das Heute und nicht das Morgen.

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