Am Donnerstag wurde der Preis der Leipziger Buchmesse 2014 verliehen. Saša Stanišić machte das Rennen in der Kategorie Belletristik, Helmut Lethen wurde im Bereich Sachbuch/Essayistik ausgezeichnet und William T. Vollmann für seine Übersetzung.
Der renommierte Preis der Leipziger Buchmesse wurde in diesem Jahr zum 10. Mal vergeben. Eine siebenköpfige Jury aus Literaturkritikern und -experten verlieh den Preis in den drei Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung wie immer am ersten Tag der Messe.
Ein Dorf erzählt sich selbst
Saša Stanišić wurde für seinen Roman „Vor dem Fest“ in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet. Er erzählt von einem Dorf in der Uckermark in der Nacht vor einem traditionellen Fest. Vier Jahre hat er an dem Buch über den Ort und seine Bewohner gearbeitet. Das ostdeutsche Dorf erzähle sich selbst, lobt die Jury und betont, der Roman sei ein „furioser Chorgesang in Prosa“. „Vor dem Fest“ ist das zweite Buch von Saša Stanišić.
Stanišić wurde 1978 in einer Kleinstadt im östlichen Bosnien geboren. Als 14-Jähriger floh er mit seinen Eltern vor dem Bosnien-Krieg nach Deutschland. Hier besuchte er die Schule und später die Universität in Heidelberg. Als Nicht-Muttersprachler hat er sich die deutsche Sprache angeeignet – sie ist das Sprachrohr des Schriftstellers geworden. Sein Debütroman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ (2006) erzählt eindringlich vom Jugoslawienkrieg. Es wurde von Kritikern hoch gelobt und ist inzwischen in 30 Sprachen übersetzt. Viele Auszeichnungen – darunter der Adelbert-Chamisso-Preis 2008 – folgten.
Die Macht der Bilder
Helmut Lethen setzte sich mit „Der Schatten des Fotografen“ in der Kategorie Sachbuch/Essayistik durch. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass Helmut Lethen „Kunstinstallationen und Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg, Technik und Theorie der Fotografie, Erinnerungen an die eigene Kindheit“ verwebe und einen „ebenso nachdenklichen wie eleganten Essay“ geschaffen habe.
In „Der Schatten des Fotografen“ geht Lethen den Fragen nach, wie viel Wirklichkeit hinter Bildern steckt und wie die ungeheure Wirkung, die Bilder auf Menschen haben, entsteht. Dafür streift der Leiter des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften in Wien durch die Kunst- und Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts und versucht, anhand von Beispielen Antworten auf die Fragen zu finden.
Ein Bündel von Geschichten
Für seine Übertragung von „Europe Central“ von William T. Vollmann aus dem amerikanischen Englisch wurde Robin Detje als Preisträger in der Kategorie Übersetzung ausgezeichnet. Robin Detje schaffe es, „die Vielstimmigkeit von Vollmanns großem Roman über Revolution, Krieg und Terror im 20. Jahrhundert ins Deutsche“ zu holen, so die Jury.
„Europe Central“ ist ein Bündel von Geschichten, die in der Zeit zwischen dem frühen zwanzigsten Jahrhundert und den siebziger Jahren spielen. Das Leben von Künstlern wie Käthe Kollwitz, aber auch von hochrangigen Militärs wird aus deutscher und sowjetischer Perspektive erzählt.
Der Preis der Leipziger Buchmesse ist in jeder Kategorie mit 15.000 Euro dotiert. Die Jury wählte die durchweg männlichen Preisträger in diesem Jahr aus 410 eingereichten Neuerscheinungen aus.