Kultur

Ahmad Mansour: Integration ist mehr als Teddybären werfen

Integration kann nur gelingen, wenn die Menschen zum Teil der Gesellschaft werden, sagt Ahmad Mansour. Der Autor fordert in seinem Buch „Klartext zur Integration. Gegen falsche Toleranz und Panikmache“ gesellschaftspolitische Leitlinien, um Migranten die Integration zu erleichtern.
von Jonas Jordan · 14. Oktober 2018
Ahmad Mansour auf der Buchmesse
Ahmad Mansour auf der Buchmesse

„Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals in Deutschland ankommen würde“, sagt Ahmad Mansour. Der arabische Israeli zog 2004 nach Deutschland. Seine ersten Jahre in Berlin beschreibt er als traumatisch. Der Kontakt mit seinen deutschen Mitbürgern gestaltete sich anfangs schwierig. „Ich habe gedacht, sie sind Roboter. Sie haben keine Emotionen gezeigt. In der Uni hat zwei Jahre lang niemand mit mir gesprochen“, sagt der 42-Jährige.

Ein Erfolg: Hummus an Weihnachten bei den Schwiegereltern

Eine gewisse Hilflosigkeit habe ihn in seinen ersten beiden Jahren in Deutschland begleitet, erzählt Mansour. Auch heute fühle er sich noch nicht vollständig angekommen. „Ankommen ist für mich ein Prozess. Weihnachten bei den Schwiegereltern ist zum Beispiel bis heute eine Herausforderung. Erst nach fünf Jahren habe ich es geschafft, dass es auch Hummus an Weihnachten gibt.“

Großes Gelächter unter den Zuschauern am „vorwärts“-Stand, aber auch ernste Mienen, als Mansour von seiner Präventionsarbeit gegen Radikalisierung in Gefängnissen berichtet. „Wenn Leute, die hier aufgewachsen sind, Erdoğan als ihren Präsidenten sehen, ist das gescheiterte Integration.“ Es sei eine große Chance, in Freiheit leben zu können. Doch das mache einige Menschen Angst. „Darüber müssen wir reden“, sagt der Islamismus-Experte.

Mansour: Regeln und Pflichten definieren

Mansour fordert von der Bundesregierung einen anderen Umgang mit dem Islam als Religionsgemeinschaft. „Nur 30 Prozent der Muslime in Deutschland sind in Verbandsstrukturen organisiert. Gleichzeitig werden diese häufig aus dem Ausland – aus Katar, Saudi-Arabien oder der Türkei – gesteuert. Das ist fatal!“

Der Autor sieht Integration als gesellschaftliche Aufgabe: „Es reicht nicht, Teddybären zu werfen, und zu sagen: Du armer Flüchtling, du musst dich jetzt integrieren.“ Stattdessen müssten ausgehend vom Grundgesetz gesellschaftliche Regeln und Pflichten definiert werden, die für alle Menschen in diesem Land gelten. „Es gibt eine große Gruppe von Menschen, die hier geboren sind, teilweise schon in dritter Generation in Deutschland leben, aber nie wirklich angekommen sind. Die müssen wir erreichen.“

Damit eine erfolgreiche Integration gelingen könne, müsse diese als langfristiger Prozess begriffen werden. „Integration ist eine Begleitung von Menschen, die lange dauert“, sagt Mansour. Wenn diese Aufgabe gelinge, sei es auch möglich, die AfD wieder zurückzudrängen. Dafür müsse man der Partei die Themen wegnehmen und selbst Lösungen finden. 

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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