Kultur

Abenteuer eines wirklichen Mannes

von Matthias Dohmen · 24. Mai 2013

T. Cooper, US-Amerikaner, 40 Jahre alt, weiße Haut, Mittelschicht, verheiratet, zwei Kinder, ist ein Mann. Für ihn war das schon immer so. Für den Rest der Welt nicht. Davon erzählt sein Buch, das jetzt auf Deutsch vorliegt.

„Von einer, die auszog, ein Mann zu werden“, so hat der deutsche Arche Verlag etwas reißerisch den Titel übersetzt. Es handelt sich aber weniger um eine zu Papier gebrachte Soap à la RTL 2, sondern mehr, um im Bild zu bleiben, eine lebendig gestaltete Dokumentation auf Phönix oder der BBC. „Real Man Adventures“ heißt es im Original, was man mit eines „wirklichen Mannes Abenteuer“ oder „dem realen Abenteuer eines Mannes“ übersetzen könnte.

Der „falsche Körper“ ist dummes Geschwätz

Bei dem Buch handelt es sich um eine Collage aus Interviews, Vor- und Rückblicken, Kurzgedichten und Betrachtungen. T. (ehedem Tyrone) Cooper hat, wie er selbst sagt, „ein Sachbuch zum Thema Männlichkeit mit ein paar autobiografischen Elementen“ geschrieben.

Wie zum Beispiel der Brief an die Eltern, den er nach langem Zögern abschickt. Dort heißt es: „Sexuelle Identität und Geschlechtsidentität sind zwei völlig unterschiedliche Dinge, obwohl es natürlich gewisse Zusammenhänge gibt: Das eine bedeutet, zu wem man sich hingezogen fühlt, das andere, wer man ist.“ In Coopers Fall: „Ich bin ein Kerl“ und kein „Mann, der im Körper einer Frau gefangen ist“. Das sei dummes Geschwätz: „Ich bin in dem Körper zu Hause, in dem ich geboren wurde, ich bin nicht gefangen, ich bin ein Mann.“

Das richtige Pronomen

Cooper hält Distanz zu sich selbst. Und er ist fähig, dort, wo es angebracht ist, witzig, ironisch oder sarkastisch zu werden. Etwa wenn er das Telefongespräch wiedergibt, das er mit einem ihm nicht mal übel gesonnenen Beamten des Außenministeriums führt. Gegenstand des Disputs: Steht in Coopers Pass in der Rubrik „Sex“, also Geschlecht, ein M für male oder ein F für female? Der Streit um „operative Geschlechtsangleichung“ oder „vollständige operative Geschlechtsangleichung“ ging aus wie das Hornberger Schießen.

Vorsicht vor Verwandtschaft und alten Bekannten! In der Betrachtung „Im falschen Körper geboren“ stellt Cooper ein wenig resigniert fest: „Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich noch wie ein Mann aussehen, wie ein Mann klingen und vom Rest der Welt wie ein Mann angeredet werden muss, bis bestimmte Leute endlich das richtige Pronomen verwenden.“

Mit seinem Übersetzer hat Cooper wirklich Glück: Volker Oldenburg trifft immer den richtigen Ton. Er hat bereits Oscar Wilde ins Deutsche übertragen. Man kann, um eine Quersumme zu ziehen, von einem gelungenen Buch reden, das ohne Aufgeregtheit oder falsche Scham Verständnis für eine Bevölkerungsgruppe weckt, die ansonsten nur in den „St.-Pauli-Nachrichten“ Interesse hervorruft. Auf die nächsten Werke von T. Cooper, der bislang die Romane „Lipshitz“ (FAZ: „ein „ganz starkes Stück“) und „Beaufort“ hervorgetreten ist, darf man gespannt sein.

T. Cooper: „Von einer, die auszog, ein Mann zu werden“ Arche Verlag, Hamburg 2013, 267 Seiten, 22,95 Euro, ISBN 978-3-7160-2679-3

Autor*in
Matthias Dohmen

Matthias Dohmen hat Germanistik, Geschichte, Politologie und Philosophie studiert, arbeitet als freier Journalist und ist 2015 mit einer Arbeit über die Rolle der Historiker West und Ost im "deutschen Geschichtskrieg" promoviert worden.

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