Kultur

AArtist-in-residence-Programm: Wie das Auswärtige Amt Künstler fördert

Am 29. April startet die Saison 2016 des AArtist-in-residence-Programms – pünktlich zum Berliner Gallery Weekend. Jeweils drei Monate lang arbeiten drei Künstler im Dach-Studio des Auswärtigen Amts. Den Anfang macht der Foto- und Videokünstler Andréas Lang: Er sucht in seinen Arbeiten nach der verborgenen Geschichte von Orten.
von · 26. April 2016

Weiße Farbe, hier und da noch raue Wand und wie Farbtupfer einige großformatige Bilder: So ganz fertig sieht das Atelier auf dem Dach des Auswärtigen Amts noch nicht aus. Es ist im Werden – ein Raum voller Möglichkeiten, dem noch niemand seinen Stempel aufgedrückt hat. Das soll sich nun ändern, denn am 29. April startet die Saison 2016 des AArtist-in-residence-Programms, welches das Auswärtige Amt 2015 gemeinsam mit dem Landesverband Berliner Galerien ins Leben gerufen hat.

Auseinandersetzung mit dem Ausland

Andreas Görgen leitet die Kulturabteilung des Außenministeriums. Er sagt: „Wir machen Kulturpolitik, weil wir Freiräume schaffen wollen. Und Kultur spiegelt sich nicht nur in einem nationalstaatlichen Rahmen.“ Deswegen richtet sich das AArtist-in-residence-Programm – das Erste seiner Art in einem Berliner Ministerium – an Künstlerinnen und Künstler, die aus dem Ausland stammen oder die sich in ihrem Werk stark mit dem Ausland auseinandersetzen.

Für 2016 heißen die Stipendiaten Kerstin Honeit, Ahmed Kamel und Andréas Lang. Sie wurden von einer unabhängigen Experten-Jury ausgewählt und nutzen jeweils drei Monate das Dach-Studio des Auswärtigen Amts als Atelier. Die dabei entstandenen Werke werden im Anschluss sowohl im Studio als auch in der Galerie des jeweiligen Künstlers ausgestellt, zusätzlich gibt es ein Stipendium. „Wir wollen das, was hier entsteht, nach außen tragen“, erklärt Werner Tammen von der Galerie Tammen & Partner: „Das ist keine innere Veranstaltung, die nur im Auswärtigen Amt stattfindet.“

Kolonialgeschichte als persönliche Familiengeschichte

Als Erster bezieht der Foto- und Videokünstler Andréas Lang das Studio, einige seiner Fotos schmücken bereits die Wände. Stille, ruhige Szenarien, die mehr zu zeigen scheinen, als auf den Bildern zu sehen ist. Lang freut sich: „Das hier passt gerade genau in meinen Plan. Ich arbeite schon lange an einem Projekt, für das ich mich auf die Spuren des deutschen Kolonialismus begeben habe.“ Auf das Thema ist der Künstler eher durch Zufall gestoßen, im wahrsten Sinne des Wortes: Auf dem Speicher seiner Mutter stand noch eine Kiste mit dem Nachlass des Urgroßvaters herum. Und darin fanden sich Reiseberichte und Fotografien aus dessen Zeit in Kamerun: Von 1909 bis 1914 war er Soldat bei den sogenannten Schutztruppen in Kamerun, nahm außerdem an der Verwaltung eines Außenpostens im extremen Norden sowie an der Grenzexpedition zur Inbesitznahme und Vermessung von Französisch Kongo teil. 2012 reiste Andréas Lang das erste Mal in den Norden Kameruns, auf den Spuren seines Großvaters.

Er verwebe, so Lang, deutsche Kolonialgeschichte mit seiner persönlichen Familiengeschichte. Gerade erst ist er von einer weiteren Reise aus Kamerun und dem Grenzgebiet Kongo zurückgekehrt. Im September 2016 wird er im Deutschen Historischen Museum Berlin zusammen mit dem kamerunischen Künstler Em’kal Eyongakpa eine Ausstellung organisieren. Beide Künstler beschäftigen sich in ihren Werken mit den – verborgenen – Geschichten eines Ortes, beide haben einen persönlichen, aber ganz unterschiedlichen, Bezug zu Kamerun: Eyongakpas Urgroßvater war Chef eines Clans und rebellierte gegen die deutschen Besatzer.

Historisch-kritischer Kontext

„Mir ist die kamerunische Perspektive und auch der kritische Kontext für meine Arbeit sehr wichtig“, sagt Andréas Lange. „Ich wusste wenig über Kolonialgeschichte, also habe ich mich in das Thema reingearbeitet, habe in Archiven recherchiert, um meine Arbeit in einen historisch-kritischen Kontext stellen zu können.“ Unterwegs in Kamerun suchte er nach Bildern, „die nicht nur dokumentarisch sind, sondern auch einen imaginären Raum öffnen.“

Räume öffnen, Räume nutzen – Andréas Lang ist davon überzeugt, dass das Auswärtige Amt dafür der richtige Ort ist. Weil seine Arbeit hauptsächlich am PC stattfindet, verfügt Lang über kein eigenes Atelier. Was nicht heißt, dass er sich keines wünscht: „Auch Foto- und Videokünstler brauchen einen Denk- und Erfahrungsraum.“ Drei Monate hat er nun Zeit, diesen Raum zu füllen. Mit Gedanken, mit Arbeit, mit Farbe. So oder so: Das Dach-Studio des Auswärtigen Amts wird immer ein Raum im Werden sein. Und das soll sich auch gar nicht ändern.

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