Die Überwindung der Teilung Europas hat eine lange Geschichte. Maßgeblich daran beteiligt war Egon Bahr. Er sollte den Friedensnobelpreis für die Europäische Union entgegen nehmen, sagt Uwe-Karsten Heye auf der Frankfurter Buchmesse.
Am Sonntag stellte der Ex-Regierungschef Uwe-Karsten Heye die Biographie über Egon Bahr am vorwärts-Stand vor. Gemeinsam mit dem Autor Jörg Hafkemeyer begaben sie sich auf eine Zeitreise durch die Nachkriegsgeschichte Deutschlands.
Für das Buch führte der Autor viele Gespräche mit Frauen und Männern, die mit Bahr gearbeitet haben. Das Befragen habe mehr Spaß gemacht, als das Schreiben, sagt Hafkemeyer. „Es war ein Spaziergang durch die Geschichte, alle hatten Anekdoten zu erzählen“, sagte er und erzählt über Günter Grass, der sich erinnerte, dass Egon Bahr in Moskau mit einer dicken Fellmütze herumlief „weil er aussehen wollte, wie ein Russe und dadurch noch kleiner wirkte“. Über Helmut Schmidt berichtet Hafkemeyer, dass er während des 90-minütigen Gesprächs 11 Mentholzigaretten rauchte und er staunt über seine enorme geistige Präsenz.
Heye erinnert an die enormen Auseinandersetzungen, die die Ostpolitik Willy-Brandts in den 60 Jahren in Deutschland hervorgerufen hat. Damals habe Deutschland mit seiner Geschichte eine dritte Chance bekommen, sagt er. Egon Bahr war es, der mit seiner Politik auf die Vereinigung hingearbeitet habe.
„55 Tage habe Bahr in Moskau verhandelt“, ergänzt Hafkemeyer. „Egon weiß, was er geleistet hat“, fügt er hinzu. Und dennoch sei Bahr ein stiller Mann, ein zuverlässiger Politiker, diskret. Eigenschaften, die man heute bei vielen Politikern vermisse. Und er hatte viele Gegner, so der Autor. Die SED-Kommunisten wollten die Verhandlungen nicht, weil sie Angst hatten, dass etwas hinter ihrem Rücken verabredet wurde. Und der Widerstand gegen Brandts Ostpolitik in Westdeutschland war enorm.
Der Mut, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen, war Voraussetzung um Europa wieder zusammenzuführen. „Es sollte uns daran erinnern, mit Europa pfleglich umzugehen“, mahnt Heye. Wenn wir heute nach Polen fahren, sagt Heye, gibt es kaum noch eine sichtbare Grenze.
„Wir sollten uns vor Augen führen, wie viel schmerzhafte Erfahrungen gemacht geworden sind, zu begreifen, dass diese Grenze nicht notwendig ist.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.