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Wie sich die SPD ihre neue Ostpolitik vorstellt

In Warschau hat SPD-Chef Lars Klingbeil Vorschläge für eine neue Partnerschaft mit den Staaten Mittel- und Osteuropas vorgestellt. Formuliert sind auch Voraussetzungen für eine Wiederannäherung an Russland.
von Kai Doering · 9. März 2023
Die Interessen und Bedürfnisse der Partner in Ost- und Mitteleuropa stärker berücksichtigen: SPD-Chef Lars Klingbeil mit dem Vorsitzenden der polnischen Nowa Lewica Anrzej Szenja und dem SPE-Vorsitzenden Stefan Löfven in Warschau
Die Interessen und Bedürfnisse der Partner in Ost- und Mitteleuropa stärker berücksichtigen: SPD-Chef Lars Klingbeil mit dem Vorsitzenden der polnischen Nowa Lewica Anrzej Szenja und dem SPE-Vorsitzenden Stefan Löfven in Warschau

Russlands Angriff auf die Ukraine hat auch in der SPD jahrzehntelange Gewissheiten zerstört. „Es kann und wird mit Russland keine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg gegen die Ukraine geben“, stellte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil in einer Grundsatzrede bereits im vergangenen Oktober klar. „Wir tragen jetzt die Verantwortung, das Neue zu gestalten.“ Im Januar stellte Klingbeil ein Papier der Kommission Internationale Politik vor. Es soll Grundlage für eine außenpolitische Neupositionierung auf dem Bundesparteitag im Dezember sein.

Sorgen der Osteuropäer*innen zu wenig berücksichtigt

Wie die SPD künftig mit den Staaten Ost- und Mitteleuropas umgehen möchte, hat Lars Klingbeil am 7. und 8. März bei einer Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung in Warschau deutlich gemacht. An dieser nahmen u.a. Parteivorsitzende aus Polen, dem Baltikum und Skandinavien teil, ebenso der Vorsitzende der SPE, Stefan Löfven.

„Wir müssen Sicherheit in Europa auf absehbare Zeit vor Russland organisieren“, heißt es in dem Papier, das Klingbeil in Warschau vorstellte, sehr deutlich. Diese Erkenntnis werde künftig die Politik der SPD „und die engen Beziehungen mit unseren Partnern in Ost- und Mitteleuropa leiten“. Dabei gelte es auch, Vertrauen wieder aufzubauen: Deutschland habe die Sorgen der mittel- und osteuropäischen Staaten zu lange zu wenig berücksichtigt. „Das war ein Fehler.“

„Glaubhafte Abschreckung gegenüber Russland“

Beim Aufbau einer „neuen Sicherheitsordnung“ sollen deshalb „die Interessen und Bedürfnisse unserer Partner in Ost- und Mitteleuropa“ stärker als bisher berücksichtigt werden. Das Papier nennt das eine „neue Partnerschaftspolitik“. Diese umfasst zum einen „eine gemeinsame europäische Außenpolitik, die entscheidungsfähig und handlungsschnell ist und Europa als außenpolitischem Akteur mehr Gewicht verleiht“, zum anderen einen deutlichen Ausbau der „europäischen Säule“ der NATO. „Zur Sicherung von Frieden in Europa gehört eine glaubhafte Abschreckung gegenüber Russland“, zeigt sich die SPD überzeugt.

Doch auch vermeintlich weiche Themen spielen für die künftige Sicherheitsarchitektur in Europa aus Sicht der SPD eine entscheidende Rolle. So sollen der Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur und grenzübergreifende europäische Energienetze dafür sorgen, dass Europa energiepolitisch unabhängig von Russland wird. Die Verteidigung der demokratischen und rechtstaatlichen Werte soll die Europäische Union von innen stärken.

Wie kann eine Wiederannäherung an Russland aussehen?

Auch mit der Frage einer möglichen Wiederannäherung an Russland befasst sich das Papier. „Eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland kann es nicht geben, solange das Putin-Regime sein imperialistisches Ziel der Eroberung und Unterdrückung souveräner Staaten weiterverfolgt“, heißt es darin ganz klar. Eine Annäherung unter einer neuen russischen Regierung sei „nur auf Grundlage und Akzeptanz völkerrechtlicher Regeln und Normen“ möglich.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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