Wie man im Ausland an der Bundestagswahl teilnimmt
Über die Bundestagswahl hat sich Fabian Parsch schon im März intensiv Gedanken gemacht. Ein halbes Jahr bevor rund 61,5 Millionen Deutsche am 24. September die Zusammensetzung des nächsten Bundestags bestimmen, hat Parsch seinen Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis der Stadt Konstanz am Bodensee gestellt. Denn anders als die Wahlberechtigten, die in Deutschland leben, bekommt der 30-Jährige seine Wahlbenachrichtigung nicht einfach automatisch zugestellt. Der Grund ist ein einfacher: Parsch lebt seit sechs Jahren im kanadischen Toronto.
Nirgendwo zu wählen wäre unerträglich
2011 kam er zum Studium hierher. Mittlerweile promoviert er in Mathematik. „Als Permanent Resident darf ich so ziemlich alles in Kanada machen – nur nicht wählen“, erzählt Fabian Parsch am Telefon. Als im Oktober 2015 das kanadische Parlament gewählt wurde, sei das für ihn besonders merkwürdig gewesen. „Es haben einige Wahlkämpfer an meiner Tür geklingelt, um mich zu überzeugen, für den einen oder anderen Kandidaten zu stimmen. Doch ich konnte jedes Mal nur sagen, dass ich nicht wählen darf.“
Auch wenn Parsch seit 2011 in Toronto lebt und seit 2013 dort seinen Hauptwohnsitz hat – an der Bundestagswahl will der Sozialdemokrat auf jeden Fall teilnehmen. „Nirgendwo zu wählen, fände ich unerträglich“, sagt er. Und außerdem betreffe ihn die deutsche Politik ja auch in Kanada. Als Beispiele nennt er das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada und den Umgang der Europäer mit US-Präsident Donald Trump.
Der Antrag muss bis zum 3. September vorliegen
In Parschs Fall ist die Sache auch einfach. Da er bist 2013 an seinem letzten Wohnort in Deutschland in Konstanz gemeldet war, musste er dort beantragen, ins Wählerverzeichnis aufgenommen zu werden. Das unterschriebene Antragsformular muss bis zum 3. September bei der zuständigen Gemeinde im Original vorliegen. „Wenn es gut läuft, braucht die Post zwischen Kanada und Deutschland sieben Werktage“, weiß Fabian Parsch. Es könne aber auch fast zwei Wochen dauern. Um auf Nummer sicher zu gehen, hat er seinen Antrag deshalb so früh wie möglich losgeschickt.
Bei Deutschen, die nach ihrem 14 Geburtstag nicht mindestens drei Monate am Stück in Deutschland gelebt haben oder deren Aufenhalt länger als 25 Jahre zurückliegt, ist die Situation dagegen komplizierter.Sie müssen bei der Gemeinde, bei der sie zuletzt gemeldet waren, glaubhaft begründen, warum sie trotz ihrer langen Abwesenheit von den politischen Verhältnissen in Deutschland betroffen sind. Das betrifft etwa Pendler, die in einem Nachbarland wohnen, aber in Deutschland arbeiten oder Lehrer an deutschen Auslandsschulen.
Auch wer nie in Deutschland gemeldet war, darf wählen
Auch wer nie in Deutschland gemeldet war, hat eine Chance, an der Bundestagswahl teilzunehmen. Er muss seinen Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis an die Gemeinde senden, der er sich am engsten verbunden fühlt, etwa weil die Familie von hier stammt. Über die Zulassung zur Wahl entscheidet dann der Wahlleiter vor Ort.
Fabian Parsch rechnet in diesen Tagen mit Post aus Deutschland. Ende August soll der Stimmzettel an ihn verschickt werden. Der Sozialdemokrat wird ihn schnell ausfüllen und zurückschicken. „Spätestens am 24. September muss er wieder in Konstanz sein.“
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Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.