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Wie kann Obama die Wähler zurückerobern?

von Jasmin Welter · 31. August 2012

Im Vergleich zum politischen Spektakel 2008 scheint der diesjährige US-Präsidentschaftswahlkampf ein Spätzünder zu werden. Präsident Barack Obama, der noch vor vier Jahren die Massen zu begeistern vermochte, büßte während seiner Amtszeit signifikant an Popularität ein, seine Wiederwahl gilt ob der wirtschaftlichen Lage der USA bei weitem nicht als Selbstläufer.

Doch selbst im Angesicht dieser Lage bleibt es im Wahlkampflager Obamas ungemein ruhig. Bisher wurde der verunsicherten Wählerschaft keine innovative PR-Strategie angeboten, nicht einmal eine Neuauflage des Slogans von ‚Hope and Change‘ konnte bisher massentauglich kommuniziert werden. Bisher verfügte lediglich die Auswahl von Mitt Romney als republikanischem Kontrahenten über Unterhaltungspotenzial. Auch die Ernennung des republikanischen Abgeordneten Paul Ryan aus Wisconsin zum Vizepräsidentschaftskandidaten sorgte für mehr Aufmerksamkeit als Obamas gesamte Wahlkampfstrategie.

Kleinspender kontra Wirtschaftsmacht
Mag der Präsident den Wahlkampf aufgrund seiner amtseigenen Verpflichtungen und der statistisch erhöhten Chance der Wiederwahl auch spät angehen, gänzlich untätig waren die Strategen des Obama Camps bislang nicht. Insbesondere im Online-Politmarketing halten die Demokraten nach wie vor einen signifikanten Vorteil. Im Fundraising allerdings liefern sich beide Parteien ein Kopf an Kopf-Rennen mit zwei Strategien: Während Obama auf private Kleinspender setzt, profitiert Romney vor allem von seiner Nähe zu Großspendern aus der Wirtschaft.

Im Hinblick auf die beiden Wahlparteitage ist davon auszugehen, dass sich der Wahlkampf bald verschärfen wird: Diese Woche tagen die Republikaner in Tampa, Florida, die Demokraten werden Obama im September in Charlotte, North Carolina, als Kandidaten bestätigen. Im bisherigen politischen Sommerloch zeigten sich insbesondere die offiziell unabhängigen Super-Pacs, die als Lobbygruppen indirekt Politiker unterstützen können, aktiv. 

‚Priorities USA Action‘, ein Obama-nahes Super-Pac, attackiert Romney, der vor seiner Amtszeit als Gouverneur von Massachusetts den umstrittenen Finanzinvestor Bain Capital mitgründete, mit negativen Werbespots. Sie haben in besonders umstrittenen Staaten wie Ohio und Florida Anzeigen geschaltet, die Romneys Image als rücksichtslosen Opportunisten bei den Wählern einbrennen sollen. Dieses sogenannte ‚negative campaigning‘ ist jedoch riskant, da dem Angreifer so selbst negative Schlagzeilen drohen. Hier profitiert Obama allerdings von seinem immer noch guten persönlichen Image. 

Sozialstaat kontra Sozialdarwinismus

Für die meisten Wähler gilt die prekäre Wirtschaftslage des Landes immer noch als das wahlentscheidende Thema. Auch wenn Obama seinen Kontrahenten Romney außenpolitisch und in den Sympathiewerten auf Abstand halten kann, so bleibt dieser bei dem so wichtigen Thema Wirtschaft stark. Denn letztlich werden die Amerikaner ihren Präsidenten mit dem Ziel wählen, das Land wirtschaftlich wieder auf Kurs zu bringen, die Konjunktur anzukurbeln und Arbeitslosenquote zu verringern.

Obama stellt seine Idee der langfristig starken USA, in der Wirtschaft und Sozialstaat zum Wohl der Gesamtheit interagieren, dem „sozialdarwinistischen“ Konzept der rückgratlosen Republikaner entgegen, welche der Nation dieses schwere Erbe hinterlassen haben. 

Doch im bisherigen Wahlkampf zeigt sich Barack Obama erstaunlich passiv und droht die Darstellung seiner selbst zu vergessen. Die Etablierung seiner Person als politische Marke im Jahr 2008 hatte ihm den Erfolg gesichert. Doch bereits während der Präsidentschaft vermissten die Bürger die starke Kommunikation des Präsidenten, der seine erstaunlichen Erfolge wie die Durchsetzung der Gesundheitsreform sowie das Ende des Irakkrieges nur geringfügig in politisches Kapital ummünzen konnte.

Dies lässt den Präsidenten schwächer erscheinen, als seine Bilanz im Amt es tun könnte und verprellt leichtsinnig potenzielle Wähler. Es ist an der Zeit, dass der Präsidenten seiner Zukunftsvision für das Land klar und deutlich kommuniziert – nur so kann er die Amerikaner erneut dazu motivieren, die Wahlbüros aufzusuchen und ihre Stimme für das demokratische Lager abzugeben.

Denn die aktuellen Probleme sind für viele Wähler in ihrem Alltag schmerzhaft, sie brauchen Lösungen, keine wahlpolitisch motivierten Erklärungen. Noch verspüren zu viele Amerikaner Unsicherheit darüber, was eine zweite Amtszeit Obamas für die Gestaltung der kommenden 4 Jahre bedeuten würde. Dabei ist gerade diese Vision das grundlegende Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden politischen Lagern und der Schlüssel zum Erfolg am 6. November, dem alles entscheidenden Wahltag.

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Autor*in
Jasmin Welter

ist freiberufliche Journalistin.

 

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