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Wie ein Zug für das deutsch-tschechische Verhältnis wirbt

Die deutsch-tschechischen Beziehungen sind so gut wie selten zuvor. Einen Anteil daran hat der deutsch-tschechische Zukunftsfonds. Zum 25-jährigen Bestehen fährt am Samstag ein Kulturzug von Prag nach Berlin. Ziel ist das Schloss Bellevue.
von Kai Doering · 8. September 2023
Die deutsch-tschechischen Beziehungen sind heute eng. Der deutsch-tschechische Zukunftsfonds hat daran einen großen Anteil.
Die deutsch-tschechischen Beziehungen sind heute eng. Der deutsch-tschechische Zukunftsfonds hat daran einen großen Anteil.

Am Samstag rollt ein ganz besonderer Zug von Prag nach Berlin. Los geht es in der tschechischen Hauptstadt um kurz nach acht. Die Ankunft in Berlin ist für kurz vor halb zwei geplant. An Bord des „Kulturzugs“ wird es eine Lesung geben, ein Unplugged-Konzert und eine Darbietung des ersten deutsch-tschechien Kabaretts. „Die Fahrt war extrem schnell ausverkauft“, erzählt Petra Ernstberger. 23 Jahre saß sie für die SPD im Bundestag. Nun ist sie eine von zwei Geschäftsführer*innen des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds. Der feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Der Kulturzug ist Teil der Feierlichkeiten.

13.000 Projekte in 25 Jahren gefördert

Mit an Bord wird auch der tschechische Außenminister Jan Lipavský sein. In Dresden will Oberbürgermeister Dirk Hilbert zusteigen. Ziel in Berlin ist das Schloss Bellevue, der Amtssitz des Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier hat zum „Tag des offenen Schlosses“ eingeladen. Der deutsch-tschechische Zukunftsfonds ist in diesem Jahr ein Ehrengast. „30 Projektträger werden ihre Arbeit vorstellen“, erzählt Petra Ernstberger. „Unser Ziel ist, dass die Menschen in die deutsch-tschechische Welt eintauchen können.“ Klar, dass es auch tschechisches Essen und Bier im Park von Schloss Bellevue geben wird.

13.000 Projekte hat der deutsch-tschechische Zukunftsfonds in den 25 Jahren seines Bestehens bereits gefördert, berichtet Petra Ernstberger – kulturelle Veranstaltungen ebenso wie Jugendaustausche. „Wir wollen die deutsch-tschechische Nachbarschaft stärken und lebendig machen“, erklärt Ernstberger das Ziel des Zukunftsfonds. Als der 1998 per Staatsvertrag eingerichtet wurde, war die Zielsetzung noch eine andere. Es ging vor allem darum, Entschädigungen für im Zweiten Weltkrieg erlittenes Unrecht zu zahlen, eine Aufgabe, die inzwischen abgeschlossen ist. Trotzdem ist sich der Zukunftsfonds seiner Wurzeln bewusst. „Wir wollen die Vergangenheit nicht ruhen lassen, uns aber in die Zukunft orientieren“, bringt es Petra Ernstberger auf den Punkt.

Das deutsch-tschechische Verhältnis ist so gut wie nie

Ihr selbst wurden die deutsch-tschechischen Beziehungen quasi in die Wiege gelegt. Ernstberger wuchs in Bayern auf. Bis zur tschechischen Grenze waren es 17 Kilometer. „Das prägt“, sagt sie. Zwei Jahre nachdem sie 1994 erstmals in den Bundestag eingezogen war, wurde sie Vorsitzende der deutsch-tschechischen Parlamentariergruppe und blieb es 20 Jahre lang. „Deutschland und Tschechien haben heute ein sehr gutes Verhältnis“, sagt Petra Ernstberger. Das sei nicht immer so gewesen. „Von verschiedenen Politikern wurde das Anti-Deutsche gern im Wahlkampf instrumentalisiert.“ Das gebe es heute zum Glück nicht mehr bzw. wenn es ein Politiker versuche, fruchte es nicht.

Sorge macht Petra Ernstberger eher, dass Tschechien im deutschen Bewusstsein kaum vorkommt. Und das, obwohl es auf unterschiedlichen Ebenen enge Verflechtungen gebe. „Deutschland zum Beispiel hat eine große Abhängigkeit von der tschechischen Wirtschaft“, berichtet Ernstberger. Für umso wichtiger hält sie die Arbeit des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, der Brücken zwischen den Bevölkerungen der beiden Länder baue und festige. „Wir zeigen, dass Ehrenamt auch über Grenzen hinweg funktioniert“, sagt Petra Ernstberger. Die Voraussetzungen dafür seien so gut wie nie.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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