International

Wie ein CO2-Preis für weltweiten Klimaschutz sorgt

Der weltweite Klimaschutz wird nur dann gelingen, wenn der Ausstoß klimaschädlicher Gase teurer wird. Nur so gibt es rasche Investitionen in umweltgerechte Hochtechnologie. Vorausgesetzt, die Staaten stellen die richtigen Weichen.
von Ernst Ulrich von Weizsäcker · 28. Mai 2019
Kampf gegen klimaschädliche Kraftwerke: Hohe Preise für CO2-Lizenzen würden den Nichtbau verlockend lukrativ machen.
Kampf gegen klimaschädliche Kraftwerke: Hohe Preise für CO2-Lizenzen würden den Nichtbau verlockend lukrativ machen.

Der Klimawandel ist sehr unangenehm. 20 große Waldbrände in Schweden allein 2018, und das Gleiche in Kalifornien. Große Ernteausfälle in Deutschland im gleichen Jahr, und der Rhein fast nicht mehr schiffbar. Grausige Stürme an den Ostküsten der USA und Japans. Monate später im australischen Sommer eine Jahrhundertdürre und in Mosambik Riesenzerstörungen durch den Zyklon Idai.

Für dem weltweiten Klimaschutz reicht der Kohleausstieg nicht

Ungemütlich wird es auch, wenn man etwas gegen den Klimawandel tut. In Deutschland hat man die Kohlekommission gebildet, mit dem Auftrag, den Kohleausstieg zu konzipieren und planbar zu machen. Bis zu zwanzig Jahre darf er dauern, ist man übereingekommen. Den betroffenen Regionen schmerzlich rasch, und den Klimaschützern unerträglich lang.

Für den weltweiten Klimaschutz reicht der deutsche Kohleausstieg hinten und vorne nicht. Gegenwärtig sind weltweit rund 1.300 neue Kohlekraftwerke im Bau oder in Planung. Und 90 Prozent aller neuen Kohlekraftwerke werden in Entwicklungsländern gebaut. Wer sich diese Zahlen klarmacht, wird denken, das Spiel gegen den Klimawandel sei längst verloren.

Wie der „Budget-Ansatz“ für Klimaschutz sorgt

Es gibt jedoch einen Lösungsansatz. Er heißt „Budget-Ansatz“ und ist in Deutschland entwickelt worden, vom WBGU, dem Wissenschaftlichen Beirat für Globale Umweltveränderungen. Dieser für die Klimakonferenz von 2009 in Kopenhagen erarbeitete Ansatz will den Ländern aller Art das gleiche Budget der CO2-Emissionen pro Kopf geben. Die alten Industrieländer hätten ihr Budget allerdings schon sehr bald aufgebraucht und müssten ab dann sämtliche Lizenzen im Ausland einkaufen.

Das Spannende daran ist Folgendes: Zum ersten Mal in der Geschichte würde ein Entwicklungsland, das vor der Entscheidung steht, ein Kohlekraftwerk zu errichten, nicht automatisch mit der Ausführung beginnen, sondern zuerst eine Kosten-Nutzen-Analyse für die zwei Optionen durchführen: bauen oder nicht bauen. Hohe Preise für CO2-Lizenzen würden den Nichtbau verlockend lukrativ machen. Und wenn man Erneuerbare Energien forciert und Energieeffizienz kräftig verbessert, würde sich die Waage sehr rasch der Option Nichtbau zuneigen. Und dies aus rein wirtschaftlichen Gründen. Leider kamen die USA, Russland, Saudi-Arabien und ein paar andere mit der klaren Absicht auf den Kopenhagener Klimagipfel, die Diskussion über den Budgetansatz zu blockieren. Auch die deutsche Industrie war nicht begeistert.

Kein frisches Geld für klimaschädigende Industrie

Ich halte jedoch auch ein Vorauslaufen von Ländern wie Deutschland für machbar und sogar wirtschaftlich attraktiv. Japan hat in den 1970er und 1980er Jahren das Vorbild abgegeben. Unter dem Eindruck seit 1973 explodierter Weltmarktpreise für Öl und in der bitteren Erkenntnis, dass Japan keine Kohle, kein Öl und kein Gas hatte, ließ das Land die heimischen Energiepreise nach oben schießen. Zwar sind einige Aluminiumschmelzer ausgewandert, aber es fand zugleich ein rasanter Strukturwandel in Richtung Hochtechnologie statt, und Japan war auf dem besten Wege, sogar die USA einzuholen.

Man muss gewiss darauf achten, dass der Preisanstieg für CO2-Emissionen sanft vorankommt, so dass fast niemand auszuwandern braucht. Man muss nur dafür sorgen, dass niemand mehr frisches Geld in die klimaschädigende Industrie investiert, wie damals in Japan. Und man muss versuchen, möglichst viele Länder des „Nordens“ zum Mitmachen zu bringen. Die heutige Geschwindigkeit des technologischen Strukturwandels dürfte dafür sorgen, dass die Klimapioniere im internationalen Wettbewerb die Gewinner werden.

Autor*in
Ernst Ulrich von Weizsäcker

ist Vorsitzender des Erhard-Eppler-Kreises.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare