Wie die etablierten Parteien zum Erfolg der Populisten beitragen
Ute Grabowsky / photothek.net
Von Brexit über Le Pen bis Orban: Der Rechtspopulismus hat sich zu einem handfesten Problem in Europa entwickelt. Doch woher kommt der Zulauf für die Populisten? „Wir haben auf europäischer Ebene viel falsch gemacht “, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Eva Högl bei einer Diskussionsveranstaltung der Partei in Berlin. Trotz Biergartenwetters zog das Thema „Brexit, Trump & Orban: Deutschland und der internationale Populismus“ zahlreiche Besucher an.
Die verzerrte Realität der Populisten
Als Grund für den Erfolg der Populisten nannte Högl beispielsweise die Bürokratie in Europa, weswegen sich viele Menschen abgewandt hätten. Außerdem sei es auch nicht gelungen, in der Flüchtlingspolitik eine gemeinsame Herangehensweise zu schaffen. So habe die Politik in den vergangenen Jahren auf eine „Entsolidarisierung“ gesetzt. Italien, Griechenland und Spanien sind laut Högl mit der Problematik alleingelassen worden. Erst als die Flüchtlinge in großer Zahl nach Deutschland kamen, sei aufgefallen, dass es an europäischer Solidarität fehle.
Högl verwies darauf, dass Populisten immer mit Ängsten arbeiten und Stimmungen in der Bevölkerung kritiklos übernehmen. Ein Merkmal sei auch die Ablehnung von Flüchtlingen und der Europäischen Union.
Das Versagen der Eliten
Für Niels Annen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, gehört zum Populismus, dass die Realität vereinfacht und verzerrt werde. Auch würden die meisten Populisten die Verantwortung scheuen. Ein weiteres Kriterium: „Sie suchen die Schuld immer bei Minderheiten, bei anderen Nationen, bei anderen sexuellen Orientierungen, anderen Glaubensbekenntnissen – und das macht den Populismus so gefährlich.“
Annen machte deutlich, dass es unterschiedliche Ausrichtungen von populistischen Parteien gebe. Manche griffen Missstände auf, andere seien nationalistisch oder schlicht rechtsradikal. Die Ursachen für den Erfolg seien oftmals genauso vielfältig. Als Beispiel zog er Polen heran. Die dortige „chauvinistische“ Regierung drehe gegenwärtig die demokratischen Rechte zurück. Dass sie überhaupt an die Macht gekommen sei, sieht er dem Versagen der neoliberalen Eliten geschuldet. Die Vorgängerregierung – liberal und pro-europäisch – habe ein „asoziales“, hartes neoliberales Programm aufgelegt, sodass für das Soziale in der Gesellschaft kein Raum mehr gewesen sei. „Wer sozial wählen wollte, musste nationalistisch wählen“, erklärte Annen den Erfolg der Partei „Recht und Gerechtigkeit“, die von Jarosław Kaczyński geführt wird.
Alle schauen auf Deutschland
Um Populisten innerhalb der Europäischen Union zu begegnen, komme Deutschland eine besondere Aufgabe zu, so Annen. Es habe einen sehr guten Ruf und sei wirtschaftlich sowie politisch stabil. Deswegen würden andere Länder genau beobachten, wie die AfD bei der Bundestagswahl abschneide. Bei einem Erfolg drohe Vertrauen verloren zu gehen. Dieses Vertrauen sei allerdings Deutschlands wichtigste Ressource, so Annen, und verwies auf das Verhalten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der europäischen Schuldenkrise. „Die Art und Weise wie Schäuble durch Europa gegangen ist in den vergangenen Jahren, hat emotionale Verheerungen hinterlassen“, sagte er. Das habe dazu geführt, dass sich auch Partner gegen Deutschland verbündet hätten. „Dies darf sich nicht wiederholen. Deswegen brauchen wir eine starke Sozialdemokratie in diesem Land und Martin Schulz ist dafür prädestiniert wie kein anderer.“