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Wie deutsche Unternehmen die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa bekämpfen wollen

Die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa ist erschreckend hoch. Mit der Initiative „InCharge“ wollen Unternehmen aus der Bundesrepublik für Besserung sorgen. Sie setzen dabei auf ein deutsches Erfolgsmodell.
von Kai Doering · 21. Juli 2015
InCharge
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Die Zahlen sind schockierend. Jeder zweite Jugendliche (49,7 Prozent) war in Griechenland im Mai arbeitslos. Dasselbe gilt für Spanien (49,3). Zum Vergleich: In Deutschland waren nur 7,1 Prozent der jungen Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren ohne Arbeit. Der EU-Durchschnitt liegt bei 20,6 Prozent.

„Wir wollen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa nicht akzeptieren“, sagte der Opel-Vorstandsvorsitzende Karl-Thomas Neumann am Montag in Berlin. Gemeinsam mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles stellte er vor Journalisten die Initiative „InCharge“ vor. Deutsche Unternehmen wie Opel, die Deutsche Bank oder Continental wollen damit in EU-Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit Ausbildung und Beschäftigung fördern.

Qualifikation für den Arbeitsmarkt im Heimatland

„Wir wollen keine begabten Pedros nach Deutschland holen, um aus ihnen Peter zu machen“, erklärte Neumann. „Wir agieren vor Ort, weil wir davon überzeugt sind, dass die jungen Menschen zuhause gebraucht werden.“ Mit „InCharge“ wollen die 25 derzeit beteiligten Unternehmen „Befähigung und Motivation“ fördern und Jugendliche vor allem in Südeuropa besser für den Arbeitsmarkt qualifizieren.

Eine erste Veranstaltung gab es bereits am 30. Juni im spanischen Saragossa. 420 arbeitsuchende Jugendliche konnten sich bei einem „Coaching-Day“ über das Ausbildungs- und Arbeitsplatz-Angebot von 20 deutschen und spanischen Firmen informieren, Kontakte knüpfen und sich bei ihrer Karriereplanung beraten lassen. „Nach dem Sommer soll ein solcher Tag auch in Portugal stattfinden“, kündige Neumann an.

Das System der dualen Ausbildung exportieren

Konzeptioneller Hintergrund der „InCharge“-Initiative ist das in Deutschland weit verbreitete System der dualen Ausbildung, bei der Auszubildende abwechselnd blockweise in Berufsschule und Betrieb lernen. „Dieses Konzept ist im Ausland sehr hoch angesehen“, betonte Karl-Thomas Neumann. Mit „InCharge“ solle „der Kerngedanke“ exportiert werden – „wohl wissend, dass wir zunächst pragmatische Lösungen brauchen, anstatt zum Beispiel ein Land wie Spanien mit dreijährigen Ausbildungszeiten zu überziehen“.

„Die deutsche Wirtschaft ist ein Botschafter für gute Ausbildung“, lobte Andrea Nahles. Die Bundesarbeitsministerin begrüßte die Initiative ausdrücklich und versprach, bei den 30 Unternehmen des Deutschen Aktienindexes für „InCharge“ zu werben. Denn das Ziel ist ambitioniert: „Derzeit sind wir 25. In einem Jahr wollen wir 100 sein“, gab Karl-Thomas Neumann die Zielmarke für die beteiligen Unternehmen vor.

Dabei machte er auch keinen Hehl daraus, dass diese auch selbst von der Initiative profitieren wollen. Schließlich sollen die jungen Menschen zukünftig für deutsche Unternehmen in Spanien, Italien oder Griechenland arbeiten. Neumanns Ankündigung „Wir werden aufzeigen, wo in Europa die schulische und akademische Ausbildung gut und wo sie schlecht auf das Arbeitsleben vorbereitet“ werden die Regierungen in Madrid und Rom ebenfalls zur Kenntnis genommen haben.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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