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Wie das neue Urheberrecht das Internet verändert

Das Europaparlament hat eine Reform des europäischen Urheberrechts auf den Weg gebracht. Lob gibt es von Künstlern, Kritik von Verbraucherschützern. Klar ist: Das Internet wird sich verändern.
von Kai Doering · 13. September 2018
Streitpunkt Urheberrecht: Eine europäische Reform soll Abhilfe schaffen.
Streitpunkt Urheberrecht: Eine europäische Reform soll Abhilfe schaffen.

Moritz Denis ist zufrieden. Bislang ist der selbstständige Komponist für Filmmusik nahezu machtlos, wenn seine Werke auf Plattformen wie Youtube den Nutzern kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Einmal habe er ein etwa ein Hörspiel produziert, das Hörer auf einer CD kaufen konnten. Doch nur wenig später wurde es auf Youtube als digitale Version hochgeladen. „Damit war das Produkt kaputt“, sagt Denis – er konnte damit kein Geld mehr verdienen.

Bisher verdienen nur die großen Firmen

Denis setzt deshalb große Hoffnungen in die Reform des europäischen Urheberrechts, die das EU-Parlament am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Künftig sollen Werke vor dem Upload bei Youtube, Facebook und Co mit einer sogenannten Content-ID versehen werden. Diese erlaubt es den Plattformen, das Werk dem Urheber zuzuordnen – und diesen zu vergüten. „Die Hoheit über ein Produkt gehört in die Hände derer, die sie herstellen“, findet Denis. Bisher verdienten nur die großen Firmen Geld, die Künstler hingegen gingen leer aus.

„Mit der Reform des EU-Urheberrechts wird eine unmittelbare Stärkung von Urheberinnen und Urhebern durchgesetzt“, sagt auch Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Abgeordneten im Europaparlament. Künftig gebe es Vorschriften für eine faire Vergütung, mehr Transparenz, Mechanismen zur Streitbeilegung, Klauseln zur Vertragsanpassung und ein besonderes Widerrufsrecht zum Vorteil von Kreativen. „Diese kommen Urheberinnen und Urhebern direkt zu Gute“, so Geier.

Werden die Nutzer diskriminiert?

Lob gibt es auch von der GEMA, die deutschlandweit die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht von mehr als 68.000 Komponisten, Texten und Musikverlegern vertritt. „Endlich wurde der Grundstein für ein modernes Urheberrecht gelegt, das dem digitalen Zeitalter entspricht“, sagt der GEMA-Vorstandsvorsitzende Harald Heker. „Die Abstimmung im EU-Parlament stärkt die Position der Kreativschaffenden gegenüber den Online-Plattformen – ohne die Rechte der Nutzer einzuschränken.“

Davon sind jedoch nicht alle überzeugt. Die Europäische Verbraucherorganisation BEUC etwa kritisiert: „Diese protektionistische Reform nützt nur der Urheberrechte-Industrie zum Schaden der Verbraucher.“ Wer Inhalte wie Videos, Musik oder Fotos hochladen wolle, laufe Gefahr, von den Internetplattformen geblockt zu werden. „Die europäische Urheberrechtsreform wird das Internet wie wir es kennen verändern.“

Kritik an Uploadfiltern

Diese sogenannten Uploadfilter, mit den Plattformen vor dem Hochladen Inhalte auf möglicherweise Urheberrechte enthaltendes Material überprüfen, hatten im Vorfeld der Abstimmung zu heftigen Diskussionen geführt. Ein erster Entwurf der Reform hatte daraufhin im Europaparlament keine Mehrheit gefunden und musste überarbeitet werden.

„Ich hätte mir einen Vorschlag gewünscht, der ausgewogener zwischen den Interessen der Nutzer und den berechtigten Interessen von Künstlern entschieden hätte“, kritisierte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken so auch nach der Abstimmung. Den Mechanismus, nach dem die Uploadfilter arbeiten sollen, hält er für „absolut schädlich“.

Ein Einwand, den Moritz Denis nicht gelten lassen will. „Uploadfilter gibt es schon jetzt“, sagt der Komponist. „Allerdings bestimmen Youtube und Co nach ihren eigenen Regeln, was die Nutzer sehen und was nicht.“ Allerdings zeige ihm Youtube nicht an, wie oft sein Lied angeklickt wurde – was eine Grundlage für die Bezahlung sein könnte. Aus Denis’ Sicht profitieren aber auch die Nutzer von den Filtern. Da künftig die Plattformen für Urheberrechtsverstöße verantwortlich sein sollen, hätten diese „größere Rechtssicherheit als zurzeit“.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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