Wie das Impeachment gegen Donald Trump die USA spaltet
Es war ein historischer Moment als über die Anklagepunkte im Amtsenthebungsverfahren am 18. Dezember im Abgeordnetenhaus der USA abgestimmt wurden. Es war ein Kristallisationspunkt der politischen Realität der USA. Ein eiskalter Wind wehte um das Capitol als die entscheidenden zwei Abstimmungen von der Mehrheitsführerin Nancy Pelosi nach elf Stunden Debatte aufgerufen wurden. Die Demokraten haben im Abgeordnetenhaus die Mehrheit und sie ließen sich trotz der großen Bandbreite politischer Positionen nicht auseinander dividieren. Sie stimmten nahezu geschlossen für die Amtsenthebung Donald Trumps – einmal wegen des Machtmissbrauchs und zum zweiten wegen der Behinderung des Abgeordnetenhauses bei seiner verfassungsgemäßen Arbeit.
Warnung der Demokraten an Trump
Die Demokraten sehen sich als Verteidiger der Verfassung, sie wollen dem amtierenden aber auch zukünftigen Präsidenten Grenzen aufzeigen. Das ganze Verfahren ist als Warnung an den Präsidenten zu verstehen, dass die Demokraten nicht tatenlos zusehen werden, wenn Trump versucht, sich durch eklatanten Machtmissbrauch einen politischen Vorteil zu verschaffen. Aber es ist auch ein Zeichen dafür, dass das Abgeordnetenhaus in der Lage und Willens ist, seiner Aufgabe nachzukommen, den Präsidenten, den mächtigsten Mann des Landes, ja gar der Welt zu kontrollieren.
Nancy Pelosi betonte deshalb in ihrer Eröffnungsrede, dass niemand über dem Gesetz steht und dass die Demokraten im Abgeordnetenhaus durch die Anklage ihrer Pflicht nachkommen, die Bürgerinnen und Bürger der USA zu schützen. Es geht letztendlich darum, der Einflussnahme aus dem Ausland auf die Wahlen 2020 noch gerade rechtzeitig einen Riegel vorzuschieben.
Das Impeachment wird die Wahl 2020 bestimmen
Sicher ist schon jetzt das dieses Verfahren die amerikanische Politik und auch die Wahlen 2020 bestimmen werden. Die Demokraten wollen das Verfahren natürlich auch nutzen, um Donald Trump politisch zur Strecke zu bringen. Vor allem ging und geht es darum zu zeigen, dass er in grundsätzlicher Weise das Amt des Präsidenten missbraucht hat und deshalb als Präsident nicht tragbar ist. Und sicher ist jetzt schon, dass an Trump der Makel der möglichen Amthebung hängen bleiben wird. Nur gegen zwei Präsidenten vor ihm wurde diese Anklage erfolgreich erhoben, beim ihm geschieht dies schon in ersten Amtszeit. Es wird also auf jeden Fall Einfluss auf den Wahlgang im kommenden Jahr haben.
Das Amtenthebungsverfahren polarisiert das zerrissene Land aufs Neue. Es trifft Trump offensichtlich ins Mark. In den vergangenen Tagen feuerte er gleich mehrer Salven von Twitter-Tweets und einen sechsseitigen Brief an Nancy Pelosi ab, in dem der sie bezichtigte die amerikanische Demokratie anzugreifen. Zu Stunde der Abstimmung befand sich Trump in Michigan und heizte seinen Anhängern richtig ein, das Verfahren richte sich gegen sie, seine Wählerinnen und Wähler. Nancy Pelosi war sich des Ernstes der Stunde bewusst und ließ keinen Jubel am Ende der Abstimmungen zu. Trump hetzte derweil gegen den politischen Anstand und die Anständigen. Wer aber am Ende die politische die Oberhand behalten wird, ist noch nicht klar auszumachen.
Die Demokraten brauchen 20 republikanische Senatoren
Die Gründungsväter der USA und ihrer politischen Verfasstheit hatten das Amtenthebungsverfahren jedenfalls geschaffen, damit Sanktionen gegen schwerwiegendens politisches Fehlverhalten des Präsident schon während der Amtzeit eingeleitet werden können und so Schaden von der amerikanischen Gesellschaft abgewendet werden kann, indem er des Amtes enthoben wird. So schreibt es Alexander Hamilton in den grundlegenden Federalist Papers von 1787.
Für die Demokraten im Kongress geht es genau darum, das Fehlverhalten des Präsidenten aufzuzeigen und so weiteren Schaden nach Möglichkeit abzuwenden. Ihnen ist klar, dass das Verfahren an sich, vermutlich nicht erfolgreich sein kann. Die Hürden, welche die amerikanische Verfassung für eine erfolgreiche Amtsenthebung setzt, sind sehr hoch. Faktisch ist die Lage wie folgt: Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Nancy Pelosi hat mit Unterstützung der demokratischen Mehrheit das Amtsenthebungsverfahren eingeleitet und die Anklageschrift erfolgreich verabschiedet. Nun wird sie diese zu gegebener Zeit an den Senat übergeben, da der Senat in dem Verfahren als Richter fungiert; nur wenn zwei Drittel der Senatoren der Amtsenthebung zustimmen, kann diese gültig werden.
53 der 100 Senatoren sind Republikaner. Daher ist es unwahrscheinlich, dass 67 Senatoren Trump die Präsidentschaft entziehen werden. Die Demokraten müssten 20 republikanische Senatoren auf ihre Seite ziehen. Das wissen die Demokraten, ihnen geht es bei dem Verfahren um etwas anderes. Der Kongress ist das Kontrollorgan für den Präsidenten und genau dieser verfassungsmäßigen Rolle wollen sie gerecht werden. Es geht darum, das Land vor einem Mann zu schützen, der offensichtlich nicht als Präsident geeignet ist, die Würde des Amtes verletzt und die Sicherheit des Landes auf Spiel setzt.
Eine Krise der Institutionen und der Verfassung
Die Republikaner lassen sich im Grunde nicht auf das Verfahren und die eigentliche Diskussion ein. Sie haben ihre politische Zukunft an das politische Überleben von Donald Trump geknüpft. Sie greifen den gesamten Prozess als unfair bzw. nicht verfassungskonform an oder behaupten sogar, da alles was er gemacht habe in Ordnung gewesen sei. Der republikanische Abgeordnete Mike Kelly ging sogar soweit und verglich das Amtenthebungsverfahren gegen Trump mit den Angriff der japanischen Flotte auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941, was den Eintritt der USA in den zweiten Weltkrieg zur Folge hatte.
Wir erleben eine Krise der Institutionen und eine Krise der Verfassung: Trump nimmt für sich in Anspruch, als Präsident über dem Gesetz zu stehen und macht den absurden Vorwurf, dass das verfassungsmäßige Recht des Repräsentantenhauses, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten, gegen die Verfassung verstoßen würde. Zudem sieht Trump in dem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten kein Fehlverhalten. Aus den genannten Gründen verweigerte die Exekutive jedwede Kooperation mit dem Kongress – damit wird der Versuch unternommen das System der parlamentarischen Kontrolle praktisch außer Kraft zu setzen.
All das geschieht angesichts der öffentlich gemachten Tatsache, dass Trump den Regierungschef eines anderen Landes unter Druck setzte, Nachforschungen zu einem innenpolitischen Rivalen vorzunehmen, um diesem politisch zu schaden. Es ist also ein klarer Fall von Amtsmissbrauch – so sehen es auch 17 frühere Ankläger im Watergate-Prozess. Trump verfolgt eine Politik der institutionell verbrannten Erde und der langfristige Schaden an der US-Demokratie ist in seinem vollen Umfang noch nicht absehbar.
Ein politischer, kein juristischer Prozess
Vor diesem Hintergrund ist es um so wichtiger, dass das Amtenthebungsverfahren nun auf dem Weg ist, es ist ein politischer Prozess, kein juristischer. Die Gründungsväter gingen zwar davon aus, dass der Senat ein Gremium jenseits der Parteilichkeit ist und daher in Lage sei, im Sinne des Landes zu entscheiden. In der heutigen politischen Realität der USA ist es genau umgekehrt, Parteilichkeit bestimmt die Entscheidungsfindung im Senat. Mitch McConnell, der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, hat bereits durchblicken lassen, dass er kein Interesse an einem fairen und tiefgründigen Verfahren habe, vielmehr wolle er den Präsidenten verteidigen, das Verfahren außerdem schnell zu Ende bringen und daher werde er sich eng mit dem Weißen Haus abstimmen. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass Trump im Senat verurteilt wird.
Aber die amerikanische Öffentlichkeit wird urteilen. Schon jetzt haben viele Millionen Amerikaner das gesamte Verfahren mit Spannung verfolgt. Es gab viele große und klärende Momente, Kristallisationspunkte, in denen sehr deutlich wurde, was der Präsident tat und wozu er fähig und auch unfähig ist. Noch ist unklar, wie Öffentlichkeit urteilen wird, aber es ist wahrscheinlich, dass das Verfahren großen Einfluss gegen Trump ob seiner Verfehlungen auf unabhängigen Wählerinnen und Wähler haben wird, und zwar gegen Trump ob seiner Verfehlungen.
Die Heldin des Jahres heißt Nancy Pelosi
Sicher ist, kurz vor Weihnachten schlug in den USA die Stunde des Parlaments und die Heldin des Jahres heißt Nancy Pelosi. Sie hat das Amtsenthebungsverfahren konzentriert und mit großer Umsicht vorangetrieben und nun in der ersten Runde einen Sieg davon getragen, der vielleicht sogar zu einem großen Sieg werden kann, wenn im kommenden Jahr gelingt Trump in den Wahlen zu schlagen. In jedem Fall steht das Verfahren für einen Sieg der amerikanischen Demokratie über einen Präsidenten, der gerne ein autoritärer Herrscher wäre.