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Wie das EU-Parlament der Ukraine Hoffnung auf einen EU-Beitritt gibt

Das EU-Parlament hat sich mit der Ukraine solidarisiert. Darüber hinaus sprechen Parlament und Kommissionspräsidentin von der Leyen von einer klaren Perspektive für einen EU-Beitritt und applaudieren dem live zugeschalteten Präsidenten Selenskyj.
von Benedikt Dittrich · 1. März 2022
Live zugeschaltet aus der Ukraine: Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Live zugeschaltet aus der Ukraine: Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Am Dienstag leuchtet das Europaparlament in blau-gelb. Viele Abgeordnete in Brüssel tragen eine kleine Schleife in den Nationalfarben der Ukraine am Revert, aufgedruckt auf T-Shirts oder haben ihren Sitzplatz in blau und gelb dekoriert. So solidarisiert sich das Parlament in Brüssel mit dem Land, das sich im Krieg mit Putin befindet – und geht außerdem ganz konkret auf den offiziellen Beitritts-Antrag der Ukraine ein. Das Land will Mitglied der EU werden, diesen Wunsch verdeutlicht auch der live zugeschaltete Präsident Wolodymyr Selenskyj noch einmal in einer bewegenden Rede an das Parlament.

Selenskyj: „Wir stehen alle geeint da – alle Länder Europas“

Als Selenskyj an diesem Mittag zu den Abgeordneten spricht, sitzt er im braunen T-Shirt vor der Kamera, eine graue Wand und eine Flagge der Ukraine im Hintergrund. Die Kulisse ist spärlich – doch seine Worte umso eindrücklicher. Den Kampf, den das Ukrainische Volk gerade führt, das erläutert er in mehreren Sätzen, sieht er als Kampf für die Freiheit in Europa, auch für die anderen Nationen. Er fordert ein, „dass die Wahl der Ukraine für Europa eine gegenseitige Wahl ist“, und meint damit den Wunsch der Ukraine, der EU beitreten zu dürfen. Was ihn an diesem Tag trotz des Krieges allerdings freut: „Wir stehen alle geeint da – alle Länder Europas.“ Der Preis dafür sei allerdings eine Tragödie. Am Ende seiner Rede, als die EU-Parlamentarier*innen ihm minutenlang im Stehen applaudieren, reckt er noch die Faust in die Höhe, bevor er sich aus seinem Sessel erhebt und aus dem Kamerabild geht.

Der Präsident des ukrainischen Parlaments Ruslan Stefantschuk spricht im Anschluss – und tut es seinem Präsidenten gleich. „Nur zusammen können wir die territoriale Unversertheit schützen“, so Stefantschuk. „Wir kämpfen für Europa“, sagt er im Verlauf seiner Rede, „Wir kämpfen auch dafür, Mitglied der Europäischen Union zu werden.“ Den Beitrittsantrag habe man im Einklang mit den europäischen Verträgen gestellt. Auch er bekommt lang anhaltenden Applaus aus Brüssel. Später wird er im Parlament auch Unterstützung für diesen Beitrittsantrag bekommen, obgleich an die Einhaltung des Verfahrens erinnert wird. Eine Perspektive will man der Ukraine aber geben, auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht sich für einen EU-Beitritt aus.

Welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein Land in die Europäische Union aufgenommen werden darf, erklären wir hier: So funktioniert der Beitritt zur EU.

EU-Resolution verurteilt Angriffskrieg scharf

An diesem Dienstag wird auch über eine Resolution gegen Russland abgestimmt – und für die Ukraine. In dieser verurteilen die Europaabgeordneten den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, fordern ein sofortiges Ende der Kriegshandlungen und erklären ihre Solidarität mit dem angegriffenen Land und Volk. Explizit ist davon die Rede, dass das ukrainische Volk seit acht Jahren an einem Krieg in dem Land leide – ein Verweis auf die Annexion der Krim und die Konflikte in den Separatist*innen-Gebieten Donezk und Luhansk. Kritisiert wird auch, dass Belarus Putins Invasion unterstütze. Das EU-Parlament fordert „die Russische Föderation auf, unverzüglich alle militärischen Operationen in der Ukraine einzustellen(…)“. Doch das Parlament geht noch weiter: Sanktionen sollen ausgeweitet werden, die noch verbliebene Zusammenarbeit mit Russland eingestellt und bestehende Sanktionen auch auf Belarus ausgeweitet werden. Auch eine Untersuchung der Vereinten Nationen soll eingeleitet werden.

Zu dieser Resolution gibt es zwar einige Änderungsanträge – erwartet wird aber eine breite Mehrheit bei der Abstimmung. Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD, hatte bereits in seiner Rede im Parlament die Unterstützung für die Resolution angekündigt. Eine europäische Perspektive für die Ukraine, sagt er später in einem Pressegespräch, werde von den Sozialdemokrat*innen außerordentlich begrüßt. Ebenso wie er auch die Unterstützung für die weitreichenden Sanktionen der EU gegenüber Russland noch einmal bekräftigt. Das Saktionsregime habe bewiesen, dass die EU außenpolitisch handlungsfähig sei, „mehr als nur eine Soft Power“. Das erklärt er auch im Interview mit dem „vorwärts“.

Die Resolution wird am Ende des Tages mit 637 von 676 abgegebenen Stimmen angenommen worden – also mit einer sehr großen Mehrheit, so wie Geier erwartet hatte.

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