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Wer seine Schulden abbaut, muss nicht nach der Pfeife der Finanzmärkte tanzen

von Andreas Busch · 9. Juni 2010
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Aber: Moralische Forderungen an die Adresse von Banken und Finanzunternehmen helfen nur sehr begrenzt. Und Verbote von Derivaten, Hedgefonds etc. mögen derzeit populär sein; jedoch darf man dabei nicht vergessen, wie viel Positives hochentwickelte Finanzmärkte leisten können - gerade auch für eine exportorientierte Wirtschaft wie die deutsche. Wir dürfen das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

Gebraucht werden vielmehr genaue, trennscharfe und begründete Regeln für die Zukunft der Finanzmärkte. Sie können nur in internationaler Kooperation diskutiert, verabschiedet und angewandt werden. Die Chancen dafür stehen gegenwärtig gut, denn sowohl die amerikanische wie die britische Regierung (die in der Vergangenheit etwa die deutsche Initiative beim G8-Gipfel in Heiligendamm zum Scheitern brachten) haben nun ähnliche Pläne. Die Regierung Merkel muss hier konkrete und konstruktive Beiträge leisten.

Doch Forderungen an die Politik alleine genügen nicht. Das wird deutlich, wenn man sich fragt: Warum eigentlich haben die Märkte solche Macht? Die Antwort darauf ist unbequem: Es liegt daran, dass die meisten Staaten seit mehr als drei Jahrzehnten deutlich mehr ausgeben als sie einnehmen, und zur Deckung dieser permanenten Defizite auf Finanzierung durch die Kapitalmärkte angewiesen sind.

Wer - wie Sozialdemokraten - einen starken und fiskalisch handlungsfähigen Staat will, muss deshalb für eine Reduzierung dieser Abhängigkeit eintreten, mithin für einen Abbau des Defizits und der Staatsverschuldung. Hans Eichel hat eine solche Politik erfolgreich betrieben. Sie ist sicher zunächst nicht schmerzlos; aber sie verhindert, dass der Staat auf Dauer nach der Pfeife der Finanzmärkte tanzen muss.



Andreas Busch ist Professor für Vergleichende Politikwissenschaft und Politische Ökonomie an der Georg-August-Universität Göttingen und Geschäftsführender Direktor des Seminars für Politikwissenschaft.

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