Welche Ziele eine feministische Verteidigungspolitik verfolgt
Kira Hofmann/photothek.de
Eigentlich müsste die Bundeswehr die Gesellschaft in ihrer Vielfalt abbilden. Tut sie aber nicht. Der Anteil von Frauen liegt bei 13 Prozent, Menschen mit Migrationshintergrund sind nur zu 15 Prozent vertreten. Aus diesem Grund unterstützt Eva Högl auch die Forderung, die Bundeswehr vielfältiger zu machen. Gemeinsam mit der Moderatorin und Autorin Nana Brink ist die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages Gast in der aktuellen Folge des Podcasts „Feminist Affairs – sozialdemokratische Außenpolitik, feministisch“, dem ersten deutschsprachigen Podcast über feministische Außenpolitik.
Das Netzwerk „Feministische Außenpolitik“ in der SPD veröffentlicht den Podcast in Zusammenarbeit mit dem „vorwärts“. In acht Folgen diskutieren jeweils ein*e Mandatsträger*in und ein*e Expert*in über ein außenpolitisches Thema. Moderiert werden die Gespräche von Yasmina Alaoui und Lisa Storck, beide Mitglieder des Netzwerks. In der vierten Folge geht es um das Thema Verteidigungspolitik – ein umstrittenes Thema im feministischen Diskurs, auch weil zwischen kurz- und langfristigen Zielen unterschieden werden müsse. Langfristiges Ziel einer feministischen Außenpolitik muss immer eine gewaltfreie Welt sein – eine utopische Vision.
Frauen sichtbarer machen
Mehr Vielfalt in der Bundeswehr, das möchte Eva Högl mit einer klaren Ansprache von Frauen erreichen, etwa auch mit klaren roten Linien bei allen Aspekten sexueller Übergriffe. „Wir brauchen gute Rahmenbedingungen für Frauen“, erklärt sie. Högl selbst ist erst die zweite Frau auf dem Posten einer Wehrbeauftragten, betont Nina Brink. Doch es gebe immer mehr Frauen in diesem „Hardcorebereich“, wie sie es nennt. Da habe sich in den vergangenen 20 Jahren einiges getan. Das Netzwerk von Women in International Security (WIIS), das sie als stellvertretende Vorsitzende leitet, habe schon einiges dafür getan, dass Frauen in diesem Bereich sichtbarer werden. Es brauche jedoch immer auch eine kritische Masse, damit sich nicht wieder „Männerrunden einschleichen“.
Einen riesigen Fortschritt beim Thema Diversity sieht Högl in der Anerkennung der Diskriminierung homosexueller Soldaten – in diesem Fall waren es nur Männer, betont Högl – durch die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch die Diversity-Konferenz, die Verteidigungsminister Boris Pistorius im Mai veranstaltet hat, sieht sie als Schritt in die richtige Verantwortung. Sie unterstütze dessen Gesetzentwurf, um die Bundeswehr vielfältiger zu machen.
Keine Militarisierung der Gesellschaft
Auch angesichts eines Sondervermögens von 100 Milliarden für den Wehretat fordert Nana Brink eine nüchterne Debatte um Waffen- und Waffensysteme. Diese Debatten dürften nicht nur im Bundestag stattfinden, sondern müssten auch in die Wahlkreise getragen werden. Es sei wichtig, „für Aufklärung zu sorgen“, sagt sie. Die Zeitenwende durch den russischen Angriffskrieges habe laut Högl eine Wende in der Debatte über Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in Deutschland gebracht. Daraus ergebe sich ein Bewusstsein, „wofür wir Streitkräfte brauchen“.
Brink und Högl sind sich einig, dass das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen gut investiertes Geld in Frieden, Freiheit und Demokratie sei. Trotzdem „tut es natürlich weh, dieses Geld in Aufrüstung und Militär investieren zu müssen“, sagt Högl. Brink hingegen will den Begriff Militarisierung nicht gelten lassen. Das bedeute, dass man eine Gesellschaft auf Kriegswirtschaft ausrichte. „Davon sind wir weit entfernt“, ist sie überzeugt.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.