Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erinnerte am vergangenen Dienstag in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag an die Anschläge vom 11. September auf das World Trade Center, aber auch an die Anschläge auf Djerba und Bali, in Casablanca und schließlich in Madrid und London. "Wir sind in unser Engagement in Afghanistan nicht kopflos hineingestolpert. Weil das so ist, dürfen wir auch nicht einfach kopflos hinaus. Das geht nicht. Das ist nicht zu verantworten," so Steinmeier.
Steinmeier: Klare Perspektiven für Einsatz
Einen übereilten Rückzug aus Afghanistan lehnte er ab. Das afghanische Volk könne nicht nach dreißig Jahren Bürgerkrieg allein gelassen, der Kampf gegen den internationalen Terrorismus nicht
erfolglos aufgegeben werden. Stattdessen plädierte der Kanzlerkandidat für klare Absprachen mit der afghanischen Regierung über eine Übergabe der Verantwortung. Der Einsatz der Bundeswehr am
Hindukusch brauche klare Verantwortlichkeiten, eine Perspektive über Dauer und Qualität und auch die Reduzierung deutscher Truppen müsse besprochen werden. Steinmeier forderte klare Etappen, ein
Ende des Einsatzes sieht er auf jeden Fall. "Wenn ich sage, wir können da nicht einfach kopflos raus, dann heißt das natürlich nicht," so Steinmeier, "dass die Aufgabe der Bundeswehr in
Afghanistan eine Daueraufgabe ist."
Diskussionen über einen sofortigen Rückzug lehnt der Außenminister jedoch ebenso ab wie die Verschiebung auf den St. Nimmerleinstag. Das Ziel des Außenministers ist, Afghanistan so lange zu
helfen, bis es selbst in der Lage ist, sich friedlich weiterzuentwickeln. Dafür wurden ganz klare Ziele in den Bereichen Sicherheit, Rechtstaatlichkeit und Entwicklung definiert. Auf der
kommenden Konferenz unter dem Titel AfghanCompact soll der Weg dazu konkretisiert und vor allem mit der afghanischen Regierung abgesprochen werden.
Ausbildung für Polizei und Armee
Ein wichtiges Entscheidungskriterium wird die Entwicklung von afghanischer Armee und Polizei sein. Bei der Absicherung der Präsidentschaftswahlen konnten beide erste Erfolge vorweisen. So
lobte NATO-Generalsekretär Asmus Fogh Rasmussen trotz vereinzelter Vorfälle ihren Einsatz. Am Ende müssen die Sicherheitskräfte jedoch auch den Kampf gegen die Taliban und die anderen
Aufständischen meistern. Auf dem NATO-Gipfel in Bukarest im vergangenen Jahr wurde beschlossen, dass sie dazu auf 400.000 Mann verdoppelt werden müssen. Erst dann könne sich die internationale
Gemeinschaft zurückziehen. Zudem forderte Außenminister Steinmeier die Festlegung von Ausbildungsstandards.
Der Außenminister drängt auf klare Perspektiven und findet damit auch bei US-Präsident Barack Obama Anklang. Bis Ende des Jahres wollen die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Truppen noch
einmal aufstocken, Obama macht Druck beim Kampf gegen die Taliban in Afghanistan aber auch in den Rückzugsgebieten in Pakistan. Und es ist davon auszugehen, dass er auch die Bündnispartner um ein
verstärktes Engagement bitten wird. Die Perspektive von zehn Jahren scheint also plausibel.
Was ein übereilter Rückzug bedeuten würde zeigt hingegen die Geschichte. Als die sowjetischen Truppen 1989 Afghanistan verließen, began die Selbstzerfleischung des Landes und der Aufstieg
der Taliban. Steinmeier versicherte seinen afghanischen Amtskollegen Rangin Spanta, dem er auch sein Mitgefühl für die Opfer des Luftangriffes aussprach, dass es "bei unserer Philosophie und
unserem Verständnis des Einsatzes bleibt." Afghanistan werde beim Kampf gegen die Taliban aber auch beim Wiederaufbau nicht im Stich gelassen, die Zwischenziele des Einsatzes jedoch auf den
kommenden Afghanistan-Konferenzen klarer definiert.
arbeitet als freier Autor mit Schwerpunkt Afrika, Lateinamerika und Naher Osten.