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Warum wir ein weltweites Atomwaffenverbot brauchen

Der INF-Vertrag ist gescheitert und das Atomabkommen mit dem Iran steht vor dem Aus. Die Furcht vor einem neuen atomaren Wettrüsten wächst. Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien gründen deshalb am Mittwoch einen „Parlamentskreis Atomwaffenverbot“. Ralf Kapschack erklärt die Ziele.
von Ralf Kapschack · 11. September 2019
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Das Thema Atomwaffen war lange eins nur für eingeweihte Verteidigungsexperten, jetzt könnte es wieder eins für die breite Öffentlichkeit werden. Für mich persönlich war die Auseinandersetzung mit Atomwaffen über viele Jahre immer ein Thema bei meinem politischen Engagement. Nach dem NATO-Doppelbeschluss habe ich aus Protest die SPD für ein paar Jahre verlassen. Inzwischen bin ich Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages. Als Rentenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion beschäftige ich mich eigentlich mehr mit der Grundrente als mit Kim Jong-Un.

Atomare Gefahr zwischen Trump und Kim Jong-un

Die Aufkündigung des INF-Vertrag (Intermediate-Range Nuclear Forces/Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme) Seitens der Amerikaner und der Russen hat allerdings dazu geführt, dass ich mich wieder vermehrt mit der atomaren Bedrohung beschäftigt habe. Meine Unterstützung für die ICAN-Erklärung (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons) war dann selbstverständlich.

Mit Donald Trump sitzt jemand im Weißen Haus, der mit der Größe seines Atomwaffenknopfes prahlt, ein multilaterales Abkommen mit dem Iran torpediert und den INF-Vertrag mit Russland gänzlich aufgekündigt hat. Nordkorea testet Sprengköpfe und Raketen während der Iran mit einem Austritt seinerseits aus dem gemeinsamen Abkommen droht.

Ein Appell allein reicht nicht

Gleichzeitig gibt es Anstrengungen aus der Zivilgesellschaft heraus, die Welt von einer nuklearen Bedrohung zu befreien. Bill Williams und Tilman Ruff, zwei australische Ärzte und Mitglieder der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW), zum Beispiel, schufen eine internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen. Dieser ICAN-Kampagne schlossen sich über 450 Organisationen in 100 Ländern an und sie hat einen großen Anteil an der Aufsetzung und Ratifizierung des UN-Vertrags für ein Atomwaffenverbot. Dafür wurde der Kampagne 2017 der Friedens-Nobel Preis verliehen. Mit der ICAN-Erklärung treibt das Bündnis sein Anliegen voran und möchte Staaten wie Deutschland zur Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrages bringen. Mittlerweile haben 166 Bundestagsabgeordnete die Erklärung unterzeichnet. Auch 47 Städte und 2 Landkreise dem ICAN-Städteapell gefolgt.

Angesichts der wachsenden Furcht vor einem neuen atomaren Wettrüsten hat es mir jedoch nicht genügt, einen Apell zu unterzeichnen. Zusammen mit Katja Keul (Grüne) und Kathrin Vogler (Linke) habe ich die Abgeordneten des Bundestages zur Gründung des Parlamentskreises Atomwaffenverbot aufgerufen. Es ist gedacht als ein Forum für aktuelle und ehemalige Abgeordnete (fast) aller Fraktionen, zu dem wir ExpertInnen und AktivistInnen einladen werden, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ziel des Parlamentskreises ist es auch, dass Deutschland den UN-Vertrag für ein Atomwaffenverbot unterzeichnet.

Die Arbeit beginnt jetzt

Klar, auch in der SPD ist dieser Vertrag nicht unumstritten. Würde man ihn unterzeichnen, gäbe die Bundesrepublik den Einfluss auf die atomare Strategie der NATO aus der Hand, so ein Argument. Ich sehe das nicht so. Die atomare Bedrohung darf nicht dauerhaft als die entscheidende Grundlage für friedliches Zusammenleben herhalten. Wir erleben gerade, wie fragil diese Argumentation ist. Atomwaffen müssen geächtet und verboten werden. Diese Forderung ist aus meiner Sicht auch eine Chance, das Profil der SPD als Friedens-Partei zu schärfen.

Furcht sei aber keine gute Grundlage für Politik, hat ein Abgeordneter auf unsere Einladung zum heutigen ersten Treffen des Parlamentskreises „Atomwaffenverbot“ geschrieben. Furcht allein reicht sicherlich nicht, um etwas zu verändern. Die Furcht vor einem neuen atomaren Wettrüsten kann aber Ausgangspunkt für eine breite öffentliche Debatte und politische Entscheidungen sein.

Der Auftakt ist heute, die Arbeit beginnt jetzt.

Autor*in
Ralf Kapschack

ist Bundestagsabgeordneter der SPD für den Wahlkreis Ennepe-Ruhr-Kreis II in Nordrhein-Westfalen und rentenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

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