Warum sich die Hoffnungen Putins auf eine Achse Moskau-Berlin nicht erfüllen werden
Am 18. August treffen sich zum zweiten Mal in diesem Jahr Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin. Sie kommen im Barockschloss Meseberg zusammen, dem Gästeschloss der Bundesregierung 70 Kilometer nördlich von Berlin.
Die Ukraine fürchtet den „Verrat“ des Westens
Im Vorfeld dieses Treffens geistern durch die Weltpresse diametral unterschiedliche Szenarien. Die russischen Medien prophezeien eine gemeinsame russisch-deutsche Front gegen die amerikanische Sanktionspolitik. In der Ukraine fürchtet man den „Verrat“ des Landes durch den Westen als Folge des aktuellen geopolitischen Pokers der Großmächte. Deutsche Experten erwarten dagegen keine gravierenden Änderungen in den deutsch-russischen Beziehungen, auch wenn man im Hinblick auf die unberechenbare Strategie Trumps vereinzelt von der Partnerschaft in der Not mit dem Kreml redet. Werden Berlin und Moskau jetzt also „politische Partner“?
Seit dem letzten Merkel-Putin-Treffen im Mai 2018 in Sotschi kam es in den deutsch-russischen Beziehungen bzw. im Verhältnis Brüssel-Berlin versus Moskau zu keinem entscheidenden Durchbruch. Eine Wende kann in der jetzigen Konstellation wohl kaum passieren, denn die Positionen Russlands und des Westens sind in allen strittigen Fragen der Gegenwart meilenweit voneinander entfernt.
In Berlin regiert die Politik, nicht die Wirtschaft
Berlin und Brüssel werden die Annexion der Krim sowie das russische Vorgehen in der Ostukraine und in Syrien nach wie vor nicht akzeptieren. Die EU-Sanktionen haben ihre Gültigkeit nicht verloren. Im Bereich Planung des Blauhelme-Einsatzes im ostukrainischen Donbass gibt es keine Annäherung. Auch die innenpolitische Entwicklung in Russland bietet viel Raum für Kritik der Demokraten.
Zwei Themenkomplexe ökonomischer Art wirken zwar bündelnd, worauf einige Beobachter gerne hinweisen: der Bau der Pipeline Nordstream 2 und die Ablehnung der neuesten US-Handelseinschränkungen, von denen auch deutsche Unternehmen massiv betroffen sein können. Jedoch regiert in Berlin nicht die Wirtschaft, sondern die Politik. Die Europäische Union kann das politische Feld im Gegenzug für ein vermeintlich profitables Geschäft nicht räumen. Daher wird es weder ein „Bündnis“ zwischen Deutschland und Russland noch einen „Verzicht“ auf die Unterstützung der Ukraine geben.
Putin setzt auf das Prinzip „Teile und herrsche“
Die Ukraine steht zweifelsohne auf der Agenda des bevorstehenden Treffens. Merkel und Putin werden dieses Thema wahrscheinlich aus rein pragmatischen Gründen nicht in den Vordergrund stellen. Zum einen beharrt Moskau weiter nur auf seiner Vorstellung einer Lösung des Konfliktes, die in Berlin und Brüssel überhaupt nicht als Lösung gesehen wird. Das schafft keine Spielräume für Fortschritte im Friedensprozess.
Zum anderen will Merkel eher die russische Position zu den weiteren aktuellen Brennpunkten in der Welt ausloten: die Situation um den Iran, die neueste Entwicklung in Syrien sowie der türkisch-amerikanische Streit, in dem Moskau Ankara Beistand leistet. Es bleibt unklar, ob der Kreml nach dem alten Prinzip „Teile und herrsche“ agiert oder ein weitreichendes Kalkül dahinter steckt.
SPD spielt zentrale Rolle in Russland-Politik
Eine wichtige Vorarbeit für das Treffen am Samstag leistete Bundesaußenminister Heiko Maas während im Sommer bei Begegnungen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Maas ruft seit Beginn seiner Amtszeit zum Umdenken der in eine Sackgasse führenden (Symbol-)Politik gegenüber Russland auf und betont die Unverhandelbarkeit der Grundwerte der Europäischen Union. Die SPD, die immens viel Erfahrung im West-Ost-Dialog besitzt, will im Prozess der Neugestaltung des Russland-Kurses Berlins eine zentrale Rolle spielen.