Warum Europas Konservative beim Ausschluss Viktor Orbans scheitern
Die europäischen Konservativen haben ein gewaltiges Problem und das heißt Viktor Orban. Seit gut einem Jahr versuchen liberal-konservative die FIDESZ-Partei des ungarischen Ultranationalisten aus der EVP auszuschließen - seit gut einem Jahr scheitern sie dabei am hartnäckigen Widerstand von Orban-Freunden in den eigenen Reihen, nicht zuletzt auch in der CSU.
Tusk kann sich nicht durchsetzen
Der vergangene Montag dürfte Donald Tusk, Chef der EVP in Brüssel, ziemlich heftige Kopfschmerzen bereitet haben. Eigentlich wollte Tusk auf dem Jahrestreffen der Konservativen den endgültigen Ausschluss der Fidesz aus der EVP beschließen lassen. Doch dazu kam es nicht. Bereits im Vorfeld wurde klar, dass es dafür keine Mehrheit geben würde, und so wurde die Abstimmung schnell von der Tagesordnung genommen.
Gescheitert war Tusk am slowenischen Ex-Ministerpräsidenten Janez Jansa, an Vertretern der französischen Les Republicains und an CSU-Politikern. Jansa hat schon zuvor erklärt, es sei unsinnig, das erfolgreichste Mitglied der Gruppe zu bestrafen. Alle finden, so hieß es hinterher halboffiziell in den Worten des lettischen Ministerpräsidenten Krisjanis Karins: „es sei besser miteinander im Gespräch zu bleiben“. Und so wurde lediglich die Suspendierung der Fidesz verlängert, die letzten März im Angesicht der Wahlen zum EU-Parlament verhängt wurde.
Europäische Werte? Leere Worte!
Tusk sprach von der „Notwendigkeit ernsthaften Nachdenkens“ in der konservativen Parteienfamilie und kündigte ein Treffen mit Viktor Orban noch im Februar an. „Eine Neudefinition unserer fundamentalen Werte“ stünde, so Tusk weiter, dabei nicht zur Debatte. Und sein Stellvertreter, der Rumäne Siegfried Muresan twitterte, „es kann keine Kompromisse bei europäischen Werten geben“.
Egal wie Ernst die beiden es meinen, es bleiben leere Worte. Was wirklich davon zu halten ist, macht Orban nur einen Tag später mehr als deutlich. Auf einer Konferenz der sogenannten europäischen Nationalkonservativen in Rom - anwesend so „illustre“ Persönlichkeiten wie der kommende Star der französischen Rechtsaußen Marion Marechal-Le Pen, die Chefin der italienischen Postfaschisten und Europagegner Fratelli d'Italia Giorgia Meloni und der polnische PIS-Politiker und Chef der Europäischen Rechtspopulisten Rysdzard Leguto – attackierte Victor Orban die eigene Parteienfamilie vehement. Die EVP sei derart „versessen darauf, Teil der europäischen Machtstrukturen zu sein, dass sie sogar Kompromisse mit den Linken“ schließe, so Orban. Und weiter: „So verlieren wir unsere Identität.“
Freie Bahn für die Rechtspopulisten
Die EVP traut sich nicht, Orbans Fidesz-Partei auszuschließen, weil sie Angst davor hat, kleiner und mithin weniger mächtig zu werden. Orban wiederum nutzt das für seine politischen Zwecke. Er will gar nicht austreten, im Gegenteil. Er will die EVP öffnen für ultrarechte Parteien, wie die spanische Vox-Partei oder die italienische Lega von Matteo Salvini. Er will nationalistische Positionen hoffähig machen, dafür sorgen, dass Europa sich gegen Flüchtlinge abschottet, möglichst gegen „alles Fremde, alles Nicht-Christliche“. Orban will als Vorkämpfer und Frontmann der Rechtspopulisten die Werte Europas deutlich nach Rechts verschieben.
Und er hat Erfolg damit, nicht nur in Ungarn. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz beschied Kollegin Merkel beim Besuch in Berlin am selben Tag – freundlich im Ton, aber hart in der Sache – eine Verlängerung der europäischen Rettungsmission für Flüchtlinge im Mittelmeer (Operation Sophia) werde es nicht geben.
So wird Fremdenfeindlichkeit salonfähig
Fremdenfeindlichkeit ist schon lange kein Schimpfwort mehr. Nur Wenige stehen auf und sagen laut und deutlich, dass es reicht. Die EVP jedenfalls nicht.