Warum Europa eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik braucht
Liesa Johannssen/photothek.net
„Europa ist von zahllosen Krisen umgeben. Diese sind den vergangenen Jahren mehr geworden und rücken näher heran“, sagte Außenminister Sigmar Gabriel am Montag bei einer Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion. „Impulse für eine europäische Verteidigungsunion“ lautete der Titel. Die Frage der Machtpolitik kehre zurück auf die Bühne in den Internationalen Beziehungen, betonte Gabriel. Daher müsse die Europäische Union für sich die Frage beantworten, wie sie damit umgehen wolle.
Sicherheitspolitik: Ist Europa richtig aufgestellt?
Gabriel erinnerte daran, dass die EU ursprünglich nicht als weltpolitischer Akteur konzipiert worden sei. Ihre Rolle sei gewesen, den Menschen Frieden und Wohlstand zu bringen. Dennoch dürfe sich die Europäische Union in der heutigen Lage nicht aus dem Weltgeschehen heraushalten. „Dafür ist Europa aber bislang nicht aufgestellt“, so der Außenminister.
Auf die Frage, wie eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik umgesetzt werden könne, nannte Gabriel zwei Grundsätze: Zum einen müsse in sicherheitspolitischen Fragen immer zuerst nach politischen Lösungen gesucht werden. „Wir brauchen mehr europäisches Verständnis als Grundlage für gemeinsames Handeln.“ Zum anderen müsse der Sicherheitsbegriff der Europäischen Union alle Mittel und Instrumente einschließen. „Diplomatische, politische, polizeiliche und militärische Mittel – aber nicht nur militärische Mittel. Das ist der Markenkern von Europa“, betonte Gabriel.
Warnung vor dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO
Kritik äußerte der Außenminister am Zwei-Prozent-Ziel innerhalb der NATO. Beim Gipfel in Wales 2014 hatten die Mitgliedstaaten des Verteidigungsbündnisses beschlossen, künftig zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für den Militärhaushalt ausgegeben zu wollen. Dies sei jedoch kein festgeschriebenes Ziel der NATO, betonte Gabriel.
Die Reduzierung der Debatte auf militärische Ausgaben sei ein Fehler. „Wir müssen aufpassen nicht in eine Zeit zurückzufallen, wo es die Annahme gab, die Steigerung von Verteidigungsausgaben bedeute gleichzeitig mehr Sicherheit“, sagte Gabriel. Die Bundesrepublik und Europa sollten nicht „gigantischen und falschen Forderungen hinterherlaufen“. Stattdessen müsse am erweiterten Sicherheitsbegriff festgehalten werden.
Mehr Bonn weniger Berlin
Den Blick nur auf die großen europäischen Länder zu richten, erteile Gabriel ebenfalls eine Absage. „Wir sollten kleineren Staaten in der Europäischen Union signalisieren, dass wir auf Augenhöhe sind. Da wünscht man sich manchmal etwas mehr Bonner und weniger Berliner Republik.“
Auch sollten die Briten für ihre Entscheidung die EU zu verlassen nicht bestrafft werden. Niemand könne sich über die Entscheidung freuen. Aber wenn die EU darüber enger zusammenrücke und weiterhin enge Beziehungen zu Großbritannien pflege, sei das nichts Negatives. „Wenn uns eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gelingt, dann haben wir einen wichtigen Pfeiler gezogen für den uns künftige Generationen dankbar sein werden.“