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Warum Europa die richtige Antwort auf Donald Trump ist

„America first!“ propagiert US-Präsident Donald Trump. Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie setzt ihm mit seinem Buch „Europa zuerst!“ entgegen. Warum Europa die Antwort ist und welche Rolle die SPD dabei spielen muss, darüber diskutierte Leggewie am Freitag mit dem Künstler Klaus Staeck am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse.
von Kai Doering · 14. Oktober 2017
„Europa nach vorn zu stellen, ist die richtige Antwort auf Trump.“ Claus Leggewie in der Diskussion mit Klaus Staeck am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse
„Europa nach vorn zu stellen, ist die richtige Antwort auf Trump.“ Claus Leggewie in der Diskussion mit Klaus Staeck am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse

Als Klaus Staeck Präsident der Akademie der Künste in Berlin war, rief er eine Veranstaltungsreihe ins Leben. Bei den „Akademiegesprächen“ wurde über allerhand Themen diskutiert – wenn es um Europa ging, waren die Veranstaltungen stets schlecht besucht. Staecks Nachfolgerin führte die Reihe weiter. Als jüngst wieder Europa das Thema war, kamen doppelt so viele Zuhörer wie zuvor üblich.

Eine ironische Replik auf Donald Trump

„Da verändert sich etwas“, sagt Klaus Staeck am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse. Am Freitag sitzt er dort mit dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie, um über dessen Buch „Europa zuerst!“ zu sprechen. Dessen Titel bezieht sich natürlich auf den Schlachtruf des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. „Trump hat die tragische Variante von ‚America first’ gewählt“, sagt Leggewie. Sein Buch sei „die ironische Replik“ auf Trumps Abschottungspolitik.

Leggewie ist sich sicher: „Europa nach vorn zu stellen, ist die richtige Antwort auf Trump.“ Wobei die Gegner eines geeinten Europas nicht nur auf der anderen Seite des großen Teichs säßen. Ob Le Pen in Frankreich, Orban in Ungarn oder Strache in Österreich – „manche agieren ähnlich wie Trump“, findet Leggewie. „Jetzt sieht man, was diese Amateure anrichten.“

Macron – kein Heiliger, aber Hoffnungsträger

Große Hoffnung richtet der Wissenschaftler auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Er müsse die anderen Europäer mit seinen Ideen und seinem Elan mitziehen. „Allerdings lassen wir ihn im Moment am ausgestreckten Arm verhungern.“ Auch Klaus Staeck sieht in Macron einen Hoffnungsträger. „Macron ist kein Heiliger, aber wir brauchen ihn“, sagt der Künstler. Die Probleme seien inzwischen so groß, dass sie nicht mehr national gelöst werden könnten.

„Deshalb hat mich auch so gewundert, dass Martin Schulz im Bundestagswahlkampf das Thema Europa nur so nebenbei behandelt hat“, sagt Staeck, der sich selbst mit einem Wahlaufruf eingebracht hatte. „Martin Schulz hat sich vom Willy-Brandt-Haus völlig falsch beraten lassen“, ist Claus Leggewie überzeugt. „Er hätte Europa im Wahlkampf nach vorn stellen müssen.“

Die kulturelle Revolution der SPD

Dass es der Sozialdemokratie in Europa so schlecht gehe, sei „ein gewaltiges Problem für die Demokratie“, ist Leggewie überzeugt. Das Band zwischen Gesellschaft und Politik sei in vielen Ländern zerrissen. „Wir brauchen aber eine aktive Bürgergesellschaft.“ „Europa wird immer mehr im Mittelpunkt stehen – schon in Ermangelung anderer Dinge“, zeigt sich Klaus Staeck optimistisch. Europa könne der Kit sein, der die Menschen wieder zusammenbringe.

Und auch was die Sozialdemokraten angeht, verbreitet Staeck in Frankfurt Optimismus. „Es gibt genug Leute, die von der SPD etwas erwarten.“ Dem stimmt Leggewie zu, mit einer Einschränkung: „Die Sozialdemokraten in der Gesellschaft sind keineswegs untergegangen, aber die SPD hat ein Problem.“ Um dies zu lösen und die Partei zu neuer Stärke zu führen, brauche es nicht weniger als „eine kulturelle Revolution bis in die Ortsvereine“.

Claus Leggewie: Europa zuerst! Eine Unabhängigkeitserklärung, Ullstein 2017, ISBN 9783550050176, 22 Euro

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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