International

Warum Elizabeth Warren gute Chancen hat, Donald Trump zu schlagen

Seit Donald Trump US-Präsident ist, sind die deutsch-amerikanischen Beziehungen angespannt. Deswegen ruhen viele Hoffnungen auf einem Amtswechsel in einem Jahr. Knut Dethlefsen, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington, erklärt, wieso die Demokratin Elizabeth Warren gute Chancen besitzt, Donald Trump zu schlagen.
von Jonas Jordan · 20. November 2019
placeholder

Sie haben kürzlich mit einer Konferenz an der Georgetown Universität an den Mauerfall vor 30 Jahren erinnert. Wie haben sich die deutsch-amerikanischen Beziehungen seit der friedlichen Revolution 1989/90 entwickelt?

In der Anfangsphase nach 1989 gab es eine sehr enge Partnerschaft zwischen Deutschland und den USA. Diese besondere Beziehung einer exklusiven Partnerschaft mit den USA konnte Deutschland damals allerdings nicht voll ausfüllen. Als gerade erst souverän gewordener Staat musste Deutschland seine neue internationale Rolle erst finden. Erst durch die militärische Beteiligung auf dem Balkan konnte Deutschland ein anderer Partner im transatlantischen Verhältnis werden. Gleichzeitig war Europa auf dem Balkan alleine nicht in der Lage, die Situation zu stabilisieren und Frieden zu schaffen. Dafür waren die Amerikaner notwendig. Nach den Anschlägen vom 11. September haben die europäischen NATO-Partner ihre volle Solidarität und Bereitschaft gezeigt, die USA in Afghanistan zu unterstützen. Ein Tiefpunkt der transatlantischen Beziehungen folgte jedoch wenig später, als Frankreich und Deutschland in richtiger Einschätzung der Situation nicht bereit waren, die USA beim völkerrechtswidrigen Krieg im Irak zu unterstützen.

Das führte damals dazu, dass der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Begriff des „Alten Europas“ in Bezug auf Deutschland und Frankreich prägte.

Genau, wobei der US-Regierung schnell selbst klar wurde, dass dieser Krieg schwer zu kontrollieren war. In der zweiten Administration von Präsident George W. Bush gingen die USA viel pragmatischer mit Europa um. Mit der Wahl Obamas 2008 gab es in Deutschland eine Euphorie und hohe Erwartungen an die USA als moralische Führungsmacht der Welt. Gleichzeitig hat sich auf der Regierungsebene eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA ergeben, die aber durch die NSA-Abhöraffäre der Kanzlerin belastet wurde. Das böse Erwachen kam mit der Wahl von Donald Trump, die sehr schnell zu einem abgekühlten Verhältnis geführt hat. Heute entsteht der Eindruck, dass die US-Administration die Europäische Union nicht als Partner sieht. Das ist für das deutsch-amerikanische Verhältnis nur schwer zu verkraften.

Ist das deutsch-amerikanische Verhältnis auch gesamtpolitisch gesehen etwas abgekühlt?

Nein, den Eindruck habe ich nicht. Insgesamt ist das Interesse an Europa in Washington wieder größer geworden, weil Europa als ein Ort der politischen Auseinandersetzung wahrgenommen wird, wenn es darum geht, wie sich die Welt ordnet. Es war ein deutliches Zeichen, dass eine große Delegation des US-amerikanischen Kongresses zur Münchner Sicherheitskonferenz gefahren ist und dort intensive Gespräche geführt hat. Anlässlich des Mauerfalls waren sehr viele amerikanische Besucher als Zeichen der Verbundenheit in Deutschland, unter anderem Außenminister Mike Pompeo. Das Bild Deutschlands in den USA ist positiv, Deutschland wird als wichtiger Verbündeter wahrgenommen und ich bin mir sicher, dass eine andere Administration auch wieder anders mit Deutschland umgehen würde.

Auf einen Wechsel im Weißen Haus ruhen auch in Deutschland viele Hoffnungen. In etwa einem Jahr wird ein neuer US-Präsident gewählt. Zurzeit läuft der Vorwahlkampf der Demokraten. Wie ist dort die Lage?

Die Demokraten starten Anfang Februar mit den ersten Vorwahlen in Iowa, kurz darauf kommen die Wahlen in New Hampshire. Mitte März gibt es den sogenannten Super Tuesday, an dem 13 Staaten auf einmal abstimmen werden. Zu diesem Zeitpunkt kann man wahrscheinlich bereits sagen, wer das Rennen machen wird. Zurzeit gibt es vier Favoriten: Joe Biden, Bernie Sanders, Elizabeth Warren und auch Pete Buttigieg, wobei Warren diejenige Kandidatin ist, die kontinuierlich im Aufwind ist. Die Umfragen deuten darauf hin, dass Elizabeth Warren in der Lage wäre, Donald Trump zu schlagen. Insofern spricht einiges dafür, dass sie sich auch als Kandidatin der Demokraten durchsetzen wird.

Warum besitzt sie größere Chancen, Donald Trump zu schlagen, als Hillary Clinton vor drei Jahren?

Sie hat bessere Chancen, Donald Trump zu schlagen, da sie programmatisch und politisch sehr stark ist. Sie kommt aus der Mitte Amerikas und hat sich selbständig hoch gearbeitet. Sie kommt aus sehr einfachen Verhältnissen, weiß also, wie schwierig das Leben sein kann. Warren hat weitreichende  Vorstellungen davon, wie sie den Staat und die Gesellschaft umbauen will, um für die Mitte Amerikas mehr Chancen und mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Wir haben eine eklatante Ungleichheit in den USA und sie hat ganz konkrete Vorstellungen, wie man sie überwindet. Sie hat einen Plan für den Umbau der Gesellschaft. Im Wahlkampf wäre sie diejenige, die am ehesten die Wähler von Bernie Sanders hinter sich bringen könnte. Sie hat eine starke Unterstützung von jüngeren Wählern. Gleichzeitig ist sie aufgrund ihrer Lebensgeschichte sehr gut für Frauen wählbar, auch für die politisch unabhängigen und eher konservativen Wählerinnen in den Vororten der amerikanischen Metropolen.

Alle favorisierten Präsidentschaftskandidaten sind älter als 70 Jahre. Was sagt das über die politische Kultur in den USA?

Es gibt eine Tendenz, sehr erfahrene Politiker sehr lange im Amt zu halten. Insofern gibt es ein anderes Altersverständnis in der amerikanischen Politik. Doch Elizabeth Warren macht intellektuell und politisch einen frischen Eindruck. Sie steht an der Spitze einer jungen Bewegung.

Inwiefern hat sich seit dem Amtsantritt von Trump die politische Kultur in den USA verändert?

Wir erleben eine politische Kultur, die mit der permanenten Desinformation zu kämpfen hat. Ein Präsident, der das als politisches Mittel einsetzt, verdirbt die öffentliche Debatte. Es ist die Stärke von Elizabeth Warren, dass es ihr gelingt, für eine ganz andere Politik einzustehen. Eine Politik, die Lösungen schafft für Probleme, die da sind. Und nicht Angst schürt und Probleme an die Wand malt, die nicht vorhanden sind.

Welche Themen werden den Präsidentschaftswahlkampf dominieren?

Er wird sicherlich ganz stark innenpolitisch geführt. Sicherlich wird die Gesundheitsversorgung eine große Rolle spielen, ebenso die Themen Wirtschaft und Gerechtigkeit. Es wird ein Wahlkampf sein, in dem es um die Frage gehen wird, wer etwas für diejenigen tut, die sich abgehängt fühlen. Es wird auch um Migration gehen und die Frage, welches Land die USA künftig sein wollen: ein offenes, freiheitliches, demokratisches Land oder etwas anderes.

node:vw-infobox

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

0 Kommentare
Noch keine Kommentare