Warum die Vorwahlen in Iowa für die US-Demokraten eine Warnung sind
Die Präsidentschaftswahlen in den USA haben die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit, da es auch global um etwas geht. Müssen wir uns auf weitere vier Jahre einer Präsidentschaft Donald Trumps einstellen und übernehmen die Demokraten im kommenden Jahr die Regierung in Washington? Bei jeder Diskussion um diese so entscheidende Wahl heißt es, dass es darauf ankommt, wen die Demokraten aufstellen werden, Donald Trump herauszufordern.
Die Entscheidung lässt auf sich warten
An diesem Montag begannen nun endlich die Vorwahlen der Demokratischen Partei. Bis zum Nominierungsparteitag der Demokraten Mitte Juli in Milwaukee wird in jedem der 50 Staaten sowie in Washington DC abgestimmt werden. Den Auftakt machte der Bundesstaat Iowa im Mittleren Westen, dort werden allerdings nur 41 Delegierte für den Parteitag gewählt – das entspricht etwa einem Prozent aller Delegierten.
Nächste Woche ist der kleine Neuengland-Bundesstaat New Hampshire dran, gefolgt von Nevada und South Carolina. Am 3. März, dem sogenannten Super Tuesday, werden 14 Bundesstaaten wählen, darunter auch Texas und Kalifornien - oft ist das schon die Vorentscheidung. Doch in diesem Jahr ist das Feld der Bewerberinnen und Bewerber so groß und liegt darüber hinaus noch so dicht bei einander, dass die Entscheidung lange auf sich warten lassen wird, vielleicht sogar bis zum Nominierungsparteitag selbst.
Dieses Jahr ist alles anders
Die Bedeutung der Vorwahl von Iowa besteht historisch darin, dass der Sieg in dem kleinen und nicht sehr repräsentativen Bundesstaat einen kräftigen Schub für die jeweilige Kampagne und ihren Präsidentschaftskandidaten bedeutet. So konnten 2008 Barack Obama und 1976 Jimmy Carter fulminante Siegesreden halten, die auf allen Kanälen liefen und ihnen selbst viel Aufmerksamkeit verschafften. Es gelang ihnen mit diesem Schwung nicht nur, den gesamten Vorwahlkampfmarathon für sich zu entscheiden, sie trugen am Ende auch den Sieg im Präsidentschaftswahlkampf davon. Doch dieses Jahr ist alles ganz anders. Zwei Tage nach der Vorwahl liegt immer noch kein Endergebnis vor. Damit schmilzt zwar die Relevanz der Ergebnisse dieser relativ kleinen Wahl, sie macht aber die Herausforderungen der Kandidatenauswahl für die Demokraten sehr deutlich.
In Iowa wurde in Versammlungen gewählt, auf sogenannten Caucuses. Wer einen Kandidaten oder eine Kandidatin unterstützen wollte, musste sich anmelden und an einer von 1765 Versammlungen teilnehmen. Bei der Auszählung und Übermittlung der Ergebnisse der Versammlungen an die Demokratische Partei in Iowa entstanden Schwierigkeiten und so sind bis heute erst 85 Prozent der Ergebnisse in den Versammlungen von Iowa Democratic Party veröffentlicht worden (Zahlen 5.2.2020, 18 Uhr ET): Demnach liegt Pete Buttigieg zur Zeit knapp vor Bernie Sanders mit 1,3 Prozentpunkten Vorsprung (Buttigieg: 26,7% und Sanders: 25,4%). Elizabeth Warren erringt bisher den dritten Platz mit 18.3%. Aber das Rennen ist noch offen.
Fliehkräfte bei den Demokraten
Sicher hingegen ist, dass der ehemalige Vizepräsident Joe Biden, der von vielen Beobachtern als Favorit gesehen wurde, mit 15,9 % eher abgeschlagen ist. Für ihn ist Iowa demnach ein denkbar schlechter Start. Pete Buttigieg brauchte den Erfolg in Iowa und hat sehr große Teile seines Wahlkampfes auf diesen Staat konzentriert. Ob er weiter so erfolgreich ist, wird davon abhängen, ob er seine Wählerschaft erweitern kann. Bernie Sanders zeigte in Iowa seine große Mobilisierungskraft und Elizabeth Warren muss zulegen, will sie im Juli die Herausforderin Donald Trumps werden. Sie ist die Kandidatin, die am ehesten die Fliehkräfte der Demokratischen Partei bändigen kann.
Diese wurden sichtbar, als Schwierigkeiten bei der Zusammenfassung der Ergebnisse auftraten. Sofort machten allerlei Arten von Unterstellungen die Runde – gezielt auch von Trump-Anhängern lanciert. Da hieß es zum Beispiel, das Establishment der Demokratischen Partei wolle den Sieg von Bernie Sanders verhindern. Dieser Vorwurf ist völlig unhaltbar.
Mobilisierung ist Schlüssel zum Erfolg
Natürlich ist es für die Organisatoren peinlich, dass sie den Prozess nicht besser organisiert haben und dass es zu massiven technischen Problemen kam. Aber an sich ist es nicht ungewöhnlich, dass die Auszählung komplizierter Wahlverfahren relativ viel Zeit und Geduld in Anspruch nimmt, jedenfalls mehr als sie die Mediengesellschaft und ihre Protagonisten aufbringen. Deshalb von Chaos und Demokratieversagen zu sprechen, ist Wasser auf die Mühlen der Populisten.
Für den anstehenden Wahlkampf ist vor allem die geringe Wahlbeteiligung kein gutes Zeichen. Nur 170000 Wählerinnen und Wähler nahmen dieses Jahr an den Versammlungen in Iowa teil, verglichen mit den 240000, die 2008 dabei waren. Offensichtlich führt das breite Feld der Kandidatinnen und Kandidaten nicht zu mehr Begeisterung und Einsatzbereitschaft für dieselben. Wollen die Demokraten im Herbst Trump schlagen, wird in der Mobilisierung ein Schlüssel zum Erfolg liegen.
Keine Lichtgestalt wie Obama in Sicht
Nicht nur die Kandidatinnen und Kandidaten unterscheiden sich in Persönlichkeit und Programm, es geht auch um grundsätzliche Richtungsentscheidungen. In allen Umfragen ist ganz klar zu erkennen, die Demokraten wünschen sich einen Kandidaten oder eine Kandidatin, die Donald Trump schlagen kann. Die meisten sind sogar bereit für jemanden zu stimmen, mit dem oder mit der sie nicht so sehr übereinstimmen, wenn er oder sie den Wahlsieg bringen kann. Nur ist eben alles andere als klar, wer die Demokraten zum Sieg führen kann. Iowa ist 2020 deshalb eher eine Nebelkerze.
Barack Obama kam 2008 als Lichtgestallt daher und konnte alle politische Hoffnung auf Veränderung mit einer inspirierenden, aber eher vagen politischen Agenda auf sich vereinen. Eine vergleichbare politische Persönlichkeit und Projektionsfläche gibt es heute nicht. Es gibt sie nicht, die ideale Kandidatin oder den idealen Kandidaten. Klar ist aber, dass die Demokraten auf die richtigen Themen setzen und ihre Ideen mit den Ergebnissen der Politik Trumps, nicht seiner Wahlkampfrhetorik, kontrastieren müssen.
Sehr schwierige Monate für Demokraten
Die nächsten Monate werden einem harten Kampf gleichen, um den richtigen Weg nach vorn und um den Zusammenhalt der Demokraten. Denn ohne den Zusammenhalt am Ende des Vorwahlkampfes wird es auch keinen Wahlsieg im November geben können. Doch genau dieser Zusammenhalt wird durch den traditionell langen und harten US-Vorwahlkampf erschwert. Die Vorwahl in Iowa ist eine Warnung an die Demokraten, dass sie vor einem sehr schwierigen Prozess stehen: Sie müssen die Partei und ihre potentiellen Wählerinnen und Wähler hinter einer Persönlichkeit und mit einer Kampagne einen.