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Warum das Ergebnis von Labour der SPD Mut machen sollte

Bei der britischen Parlamentswahl hat die Labour-Partei unerwartet stark abgeschnitten. Das ist auch für die SPD eine gute Nachricht. Die Themen, die Labour stark gemacht haben, vertritt sie nämlich auch. Ein Kommentar
von Kai Doering · 9. Juni 2017
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Mit solch einem Ergebnis hätte vor wenigen Wochen niemand gerechnet. Als die konservative Regierungschefin Theresa May im April vorgezogene Neuwahlen ankündigte, lag ihre Partei in Umfragen mehr als 20 Punkte vor Labour. Eine komfortable Mehrheit im Unterhaus schien den Tories sicher.

Ein unerwarteter Erfolg für Jeremy Corbyn

Doch die Wahl vom Donnerstag ist komplett anders ausgegangen als erwartet. Die eigene Parlamentsmehrheit der Konservativen ist weg. Mays Partei liegt zwar vor Labour, doch der Abstand ist deutlich knapper als ihn noch die jüngsten Prognosen vorhergesehen haben. Dieses Ergebnis ist eine krachende Niederlage für die Premierministerin – und ein unerwarteter Erfolg für Labour-Chef Jeremy Corbyn, den die meisten bereits abgeschrieben hatten.

In absoluten Stimmen fuhren die britischen Sozialdemokraten ihr zweitbestes Wahlergebnis der vergangenen 50 Jahre ein, nach Stimmenanteil immerhin das viertbeste. Besonders bei den Jungen und den Arbeitern konnte Labour punkten. Wie konnte das gelingen? Diese Frage ist auch für die SPD interessant, die in etwas mehr als 100 Tagen als stärkste Kraft in den Bundestag einziehen und mit Martin Schulz den nächsten Bundeskanzler stellen möchte.

Schulz’ Themen ähneln denen von Corbyn

Entscheidend für den Erfolg von Labour waren vor allem soziale Themen. Statt auf nationalen Chauvinismus und auf Anti-Migrationsrhetorik setzte Jeremy Corbyn im kurzen Wahlkampf auf die Abschaffung der Studiengebühren, eine soziale Wirtschaftspolitik, mehr Investitionen im Gesundheitsbereich und ein gerechteres Steuersystem – zusammengefasst unter dem griffigen Slogan „For the many, not the few“.

Frei lässt sich der durchaus mit der Forderung „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ übersetzen, der Überschrift also, unter der Martin Schulz seine Vorstellungen für ein besseres Deutschland präsentiert. Kostenfreie Bildung, eine Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege, eine sichere Rente – die Themen, mit denen Schulz wirbt, ähneln denen von Corbyn durchaus. Dass die britischen Wähler dies goutiert haben, sollte der SPD also Mut machen – auch mit Blick auf das Steuerkonzept, das die Partei im Juni vorstellen möchte.

Engagierter Wahlkampf zahlt sich aus

Und noch eine Lehre sollten die Sozialdemokraten aus der britischen Parlamentswahl ziehen: Engagierter Wahlkampf lohnt sich. Wenn es Labour schafft, innerhalb von sechs Wochen einen 20-Punkte-Vorsprung so gut wie aufzuholen, kann die SPD am 24. September vorne liegen. Bis zur Bundestagswahl sind es noch 107 Tage.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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