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Warum auch im künftigen EU-Parlament ostdeutsche Sozialdemokraten vertreten sein müssen

Im nächsten Europaparlament 2019 droht kein ostdeutscher SPD-Abgeordneter mehr vertreten zu sein. Der Grund: die schlechte Listenplatzierung. Das darf der SPD-Parteivorstand nicht zulassen. Alle Bundesländer müssen auf den vorderen Plätzen der Europaliste berücksichtigt werden.
von Arne Lietz · 2. Mai 2018
Die Sozialdemokraten in den neuen Ländern und Berlin wollen weiterhin im EU-Parlament vertreten sein.
Die Sozialdemokraten in den neuen Ländern und Berlin wollen weiterhin im EU-Parlament vertreten sein.

Als Willy Brandt 1989 seinen inzwischen berühmten Satz „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“ aussprach, war er der tiefen Überzeugung, dass dieser übergreifende gesamtdeutsche Prozess auch gelingen wird, auch in seiner Partei.

Bis jetzt sind alle 16 Bundesländer vertreten

Es ist wichtig und elementar für die SPD-Landesverbände, einen direkten Draht nach Brüssel und in die S&D-Fraktion zu haben. Das spiegelt sich wider in vielen Fragen der Europaförderung für die Bundesländer, in intensiv geführten Parteidebatten, wie z.B. zu den Handelsabkommen TTIP und CETA mit den USA und Kanada, in der Präsenz bei Europaveranstaltungen und in Vereinen wie der „Europa-Union“, als Ansprechpartner für Institutionen und der Zivilgesellschaft bis hin zu Besuchergruppenfahrten nach Brüssel und Straßburg, die einen direkten Einblick in die Europapolitik ermöglichen.

Bei der Zusammensetzung der SPD-Abgeordneten im Europaparlament ist dies auch in dieser Wahlperiode gelungen. Denn alle 16 Bundesländer sind durch mindestens ein SPD-Mandat im Europaparlament vertreten. Geglückt ist die derzeitige Präsenz dadurch, dass über das gute Wahlergebnis von 27 % mit Martin Schulz als Spitzenkandidat 27 Mandate im Europaparlament zustande kamen und somit auch Vertreter/innen aller ostdeutschen Bundesländer für die SPD im EU-Parlament sitzen, obwohl sie mit Ausnahme von Berlin erst ab dem 22. Listenplatz platziert waren.

SPD setzt auf Europa im Koalitionsvertrag

Bei einem zukünftig schlechteren Wahlergebnis würden sie größtenteils oder sogar ganz außen vor bleiben. Aber kann und darf man es von einem Wahlergebnis abhängig machen, dass die Landesverbände der ostdeutschen Bundesländer dadurch von einem für sie unverzichtbaren europäischen Kommunikationsprozess abgeschnitten werden könnten?

Gerade im aktuellen Koalitionsvertrag hat die SPD Europa ganz nach vorne gerückt. Umso wichtiger wird es deswegen sein, das Friedensprojekt Europa auch flächendeckend in allen Bundesländern mit mindestens je einem Abgeordneten zu verankern. Gleichzeitig kommen gerade aus den neuen Bundesländern wichtige Impulse insbesondere für die Kohäsionspolitik der Europäischen Union.

Erneuerung der SPD ohne Ostdeutsche in Brüssel?

Derzeit unterzieht sich die SPD-Führung radikal einem inneren Prozess unter dem Stichwort „#SPDerneuern“, um verlorenes Vertrauen, Glaubwürdigkeit sowie Zustimmung wieder aufzubauen. Diese Reflexion wurde durch den neuen Generalsekretär Lars Klingbeil eingeläutet und besteht aus vielen kleinen Schritten. Ein zentrales Themenfeld ist dabei die ausreichende Präsenz auch des Ostens in der Sozialdemokratie.

Mit der Benennung von Franziska Giffey als einziger ostdeutscher Ministerin im Bundeskabinett sowie von Martin Dulig als SPD-Ostbeauftragten sind die ersten Schritte bereits erfolgreich vollzogen worden.

Gesamtdeutsche Liste aus Ost und West

Was hier schon gelungen ist, sollte auch auf europäischer Ebene konsequent fortgesetzt werden. Der sichtbare Schritt dafür muss deswegen die Aufstellung einer gesamtdeutschen Liste mit gleichberechtigten Chancen für Ost und West sein. Es wäre nicht nur in die Partei hinein sondern auch für die potenziellen Wählerinnen und Wähler ein wichtiges Signal!

Ein gutes Beispiel dafür bietet die Zusammensetzung der Sitzverteilung im Europaparlament. Hier wurde explizit darauf geachtet, dass auch die kleineren Länder erkennbar vertreten sind, wogegen die bevölkerungsstärkeren Länder proportional weniger Abgeordnete ins Parlament entsenden. Dieses Prinzip sollte sich die SPD bei ihrer zukünftigen Zusammenstellung der Europawahlliste auch zu Eigen machen.

Mehr Solidarität zwischen den Bundesländern

Es wäre ein Quantensprung an Solidarität innerhalb der Partei und zwischen den Bundesländern, wenn dies gelingt. Darüber hinaus wäre die Umsetzung des europäischen Prinzips durch die Berücksichtigung aller Bundesländer auf den vorderen Plätzen der Europaliste auch ein verstärktes Bekenntnis auch zu Europa. Deswegen ist es von strategischer Bedeutung, wenn sich der SPD-Bundesvorstand in den nächsten Monaten auf seinen Sitzungen und Klausuren bei seinen Entscheidungen von diesem Prinzip leiten lässt.

 

 

 

 

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Arne Lietz

ist SPD-Europaabgeordneter für Sachsen-Anhalt.

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