Wahlsieg in Ungarn: Warum Orbán seinen Anti-Migrationskurs fortsetzen wird
Zum dritten Mal in Folge geht Viktor Orbán als klarer Sieger aus den Parlamentswahlen hervor. Sehr wahrscheinlich wird er wieder mit einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit regieren können. Insgesamt 91 der 106 Direktmandate gingen an die Regierungsseite. Ergänzt durch die Stimmen der Listenwahl werden mindestens 133 der 199 Sitze seine Regierungspolitik unterstützen. Da noch die Stimmen der Auslandsungarn ausgezählt werden, wird das offizielle Endergebnis erst in ein paar Tagen vorliegen.
Opposition bleibt chancenlos
Der Wahlkampf der regierenden Fidesz-Partei drehte sich nur um ein Thema – die angeblichen Gefahren der Migration. Die Regierungspartei stilisierte die Abstimmung als eine Schicksalswahl, denn wenn einmal Zuwanderung erlaubt werde, seien die Folgen unabsehbar. Als Negativbeispiele wurden westeuropäische Länder genannt, wo die Bevölkerung von Immigranten verdrängt werde und mit Terroranschlägen und „No-Go-Zonen“ zu kämpfen habe. Um die Oppositionsparteien nicht aufzuwerten, wurde als Hauptgegner der Milliardär George Soros plakatiert. Ihm wurde unterstellt, dass er die jährliche Ansiedlung von einer Millionen Flüchtlinge in Europa plane und mittels Nichtregierungsorganisationen und Opposition die ungarische Politik beeinflusse.
Die Oppositionsparteien drangen mit ihren Vorschlägen für eine bessere Gesundheits- und Bildungspolitik sowie ihrer Kritik an Korruption und Vetternwirtschaft gegen die Wahlkampfmaschine des Fidesz nicht durch. So beklagten auch die Wahlbeobachter der OSZE bereits in ihrem Zwischenbericht, dass es Überschneidungen zwischen der offiziellen Regierungskampagne und dem Fidesz-Wahlkampfg gebe – besonders beim Thema Migration.
Regierung will NGOs kontrollieren
Nur in Budapest konnten die Oppositionsparteien 12 Wahlkreise erobern. Außerhalb der Hauptstadt errangen lediglich drei Oppositionskandidaten einen Parlamentssitz. Dies zeigt einmal mehr die politische Spaltung zwischen Hauptstadt und dem Rest des Landes. Mit insgesamt 15 Direktmandaten konnte die Opposition ihr Ergebnis zu 2014 (10 Mandate) zwar verbessern, aber das Wahlziel der Verhinderung einer erneuten verfassungsändernden Mehrheit für Fidesz wurde klar verfehlt. Daher kam es auf Oppositionsseite zu einer Reihe von Rücktritten am Wahlabend. Die sozialistische Partei MSZP, die in einer Wahlallianz mit der links-grünen Partei „Dialog“ angetreten war, kam mit knapp über 12 Prozent auf ein historisch schlechtes Ergebnis. Der MSZP-Parteivorstand erklärte darauf seinen Rücktritt. In den kommenden Wochen und Monaten ist mit einer Neuordnung bei den Oppositionsparteien zu rechnen.
Fidesz-Politiker bezeichneten das Ergebnis auch aufgrund der für Ungarn hohen Wahlbeteiligung von fast 69 Prozent als ein „Fest der Demokratie“ und werteten es als klare Bestätigung für Orbáns Anti-Migrationskurs. Der wird daher klar an seine bisherigen Linie festhalten. Das bereits vor den Wahlen ins Parlament eingebrachte Stop-Soros-Gesetz soll nun verabschiedet werden. Ziel ist die Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen, die „Migration unterstützen“ und sich in die ungarische Politik einmischen. Aus nationalen Sicherheitsgründen sollen Nichtregierungsorganisationen eine staatliche Erlaubnis beantragen, um weiterhin in diesem Bereich aktiv sein zu dürfen. Auf ausländische Finanzunterstützung für diese Organisationen soll eine Sondersteuer erhoben werden.
„Der größte Albtraum der EU“
Auch auf europäischer Ebene kann zukünftig nicht mit einem moderateren Kurs des ungarischen Regierungschefs gerechnet werden. Im Gegenteil, er hat Gefallen am internationalen Parkett gefunden und genießt seinen relativ großen Einfluss in der EU gemessen an der Größe seines Landes. Da das Migrationsthema zentral im Wahlkampf verankert war, wird er weiterhin die Ansicht vertreten, dass „Europa bereits voll“ sei und die wichtigste Aufgabe daher in der Sicherung der Außengrenzen und Verteidigung der christlich-jüdischen Identität bestehe. Hier sieht er Bedarf an stärkerer Kooperation, ansonsten solle sich die EU nicht in nationale Angelegenheiten einmischen, sondern eher die nationale Souveränität stärken. Nur ein Europa der starken Nationalstaaten sei ein starkes Europa. Momentan sei Europa zwar noch reich, aber eben auch sehr schwach. Dies sei eine ungünstige Konstellation und mache Europa zum Ziel von Flüchtlingsströmen.
Ein Kompromisskurs ist hier nur schwer vorstellbar und Viktor Orbán wird sich sicherlich in die europäische Debatte und dem nahenden Europawahlkampf mit seiner Sichtweise einbringen. Das Wahlergebnis stärkt ihn dabei. Der britische Rechtspopulist Nigel Farage fasst es auf seine Weise mit einem Tweet zusammen: „Viktor Orbán ist der stärkste Führer in Europa und der größte Albtraum der EU.“