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Waffen für die Ukraine: Was Deutschland zur Unterstützung liefert

Was ist dran an der Behauptung, Deutschland liefere der Ukraine zu wenig Waffen? Wer entscheidet über Lieferungen? Und was bedeuten sie für unsere Sicherheit? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur militärischen Unterstützung der Ukraine.
von Lars Haferkamp · 18. August 2022
Demonstration in München: Am 12.06.2022 machen sich Demonstrierende für die Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte durch Deutschland stark.
Demonstration in München: Am 12.06.2022 machen sich Demonstrierende für die Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte durch Deutschland stark.

„Die größte Herausforderung“ für die Bundesregierung nennt Bundeskanzler Olaf Scholz den „furchtbaren Krieg, den Russland gegen die Ukraine begonnen hat“. Keinen Zweifel lässt er daran, dass Deutschland die Ukraine weiter tatkräftig – auch militärisch – unterstützen wird. Deshalb liefere Berlin Waffen: „sehr sehr viele, sehr weitrechende, sehr effiziente“, wie der Kanzler betont. Doch genau daran gibt es immer wieder Kritik. Wie ist aktuell der Sachstand?

Wer entscheidet über deutsche Waffenlieferungen?

Darüber entscheidet die Bundesregierung. Die ukrainischen Anfragen nach Waffen werden zunächst vom Verteidigungsministerium geprüft. Kommt dieses zu dem Schluss, dass die gewünschten Waffen zum einen vorhanden sind und zum anderen geliefert werden können, leitet es die Anfrage weiter: an das Kanzleramt sowie an das Außen- und Wirtschaftsministerium. Stimmen alle Beteiligten zu, wird geliefert.

Welche Rolle spielen die Verbündeten dabei?

Eine zentrale. Die Bundesregierung spricht sich bei Waffenlieferungen eng mit den Verbündeten in der NATO ab – und natürlich mit der ukrainischen Regierung. Deutsche Alleingänge, das hat Bundeskanzler Scholz immer wieder klar gemacht, werde es mit ihm an der Spitze der Regierung nicht geben. „Deutsche Alleingänge wären falsch“, betont er. „Die Verbundenheit und Geschlossenheit von uns als Partnern ist die Stärke, die wir haben.“

Welche Waffen liefert Deutschland der Ukraine?

Die Bundesregierung liefert das, „was verfügbar, entbehrlich, rasch umsetzbar und in der Ukraine effektiv einsetzbar ist“. So sagt es das Bundesverteidigungsministerium.

Was wurde bisher genau geliefert?

Deutschland hat bisher zahlreiche Waffen und umfangreiche Munition geliefert. Die Liste wird von Tag zu Tag länger. Dazu gehören schwere Waffen wie Panzer, Flugabwehrraketen und Panzerabwehrwaffen, aber auch leichtere wie Maschinengewehre und Handgranaten. Eine wichtige Rolle spielt auch Munition. Ebenso werden Kraftfahrzeuge, Helme, Bekleidung und Zelte geliefert. Auch bei der medizinischen Versorgung gibt es massive Unterstützung durch die Lieferung von Krankenhausbetten, Sanitäts- und OP-Material sowie eines kompletten Feldlazarettes.

Wo genau kommt das militärische Material her?

Deutschland liefert vor allem auf zwei Wegen: zum einen aus den Beständen der Bundeswehr, zum anderen aus von der Bundesregierung finanzierten Beständen der Industrie.

Warum sind die Lieferungen der Bundeswehr begrenzt?

Die Bundeswehr erlebte seit dem Ende des Kalten Krieges massive Mittelkürzungen. Viele Jahre war Abrüstung Kern der Verteidigungspolitik. Deshalb sind heute die Materialbestände der Bundeswehr sehr begrenzt. „Anfangs haben wir die Ukraine mit Waffen aus unseren eigenen Beständen beliefert“, erklärt Bundeskanzler Olaf Scholz. „Inzwischen müssen wir erkennen, dass die Möglichkeiten, die wir haben, an ihre Grenzen stoßen.“ Die Bundeswehr habe dennoch „geliefert, was möglich ist – ohne die eigenen Fähigkeiten einzuschränken“, betont das Verteidigungsministerium.

Welche weiteren Grenzen sind der Bundeswehr bei Waffenlieferungen gesetzt?

Die Bundeswehr wurde gegründet zur Landesverteidigung, also zur militärischen Verteidigung der Bundesrepublik gegen Angriffe von außen. Darüber hinaus hat die Bundeswehr die vertragliche Verpflichtung übernommen, die Verbündeten der NATO gegen Angriffe zu verteidigen. Damit darf die Bundeswehr also durch Waffenlieferungen weder ihre Fähigkeiten zur Landesverteidigung noch zur Bündnisverteidigung gefährden. Letzteres gilt aktuell erst recht angesichts der russischen Bedrohung für die osteuropäischen NATO-Staaten, wie Polen, Estland, Lettland und Litauen.

Wie reagiert die Bundesregierung auf die beschränkten Bestände der Bundeswehr?

Um die begrenzten Lieferkapazitäten der Bundeswehr auszugleichen, hat die Bundesregierung eine so genannte Ertüchtigungsinitiative geschaffen. Dadurch stellt Berlin der Ukraine mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung. Mit diesem Geld kann Kiew das gewünschte militärische Material direkt von der Industrie kaufen.

Welche Rolle spielen sowjetische und russische Waffen für die Verteidigung der Ukraine?

Eine wichtige. Die Ukraine ist nicht Mitglied der NATO. Ihre Streitkräfte verfügen daher über wenige westliche Waffen, sondern hauptsächlich über Waffen aus sowjetischer oder russischer Produktion. Hierfür hat die Ukraine auch passende Munition und Ersatzteile. Die ukrainischen Soldat*innen wurden an diesen Waffen ausgebildet und sind mit ihrem Einsatz gut vertraut.

Was genau ist der so genannte „Ringtausch“?

Einige osteuropäische NATO-Staaten haben ebenfalls noch Waffen sowjetischer oder russischer Bauart. Sie haben einen Teil davon nach dem russischen Überfall auf die Ukraine an Kiew geliefert. Deutschland gleicht die so entstehenden Lücken der osteuropäischen Verbündeten aus: Es liefert entsprechende Waffen aus deutscher Produktion an die osteuropäischen Verbündeten. Dieses Verfahren nennt man „Ringtausch“.

Gefährdet Deutschland durch Waffenlieferungen an die Ukraine seine eigene Sicherheit?

Nein. Für Bundeskanzler Olaf Scholz ist ein Hauptziel seiner Politik, dass Deutschland oder die NATO nicht Kriegspartei in der Ukraine werden. Deshalb wird es kein direktes Eingreifen der Bundeswehr in den Konflikt geben, denn das wäre eine Kriegsbeteiligung. In dieser Frage besteht vollkommene Einigkeit zwischen der Bundesregierung und den Verbündeten in der NATO. „Als Staats- und Regierungschefs ist es unsere Pflicht, eine Ausweitung des Kriegs auf andere Länder zu verhindern“, stellt der Kanzler klar. „Daher kann und wird die NATO nicht direkt in den Krieg eingreifen.“

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