Bernie Sanders hat die zweite Runde der Vorwahlen der Demokraten am 11. Februar gewonnen, wenn auch nur knapp. In seiner Siegesrede am Wahlabend reklamierte er auch den Wahlsieg in der ersten Vorwahl in Iowa für sich, da er die meisten Stimmen erhalten hatte. Er beschrieb den Erfolg als Sieg einer Bewegung und dankte den tausenden freiwilligen Unterstützern seiner Kampagne. Bernie Sanders hat sich klar an die Spitze der progressiven Demokrat*innen gestellt. Er ist gut aufgestellt für den Vorwahlkampfmarathon. „Dieser Sieg hier ist der Anfang vom Ende von Donald Trump“, rief Sanders seinen Unterstützer*innen auf der Siegesfeier zu. Ob das wirklich so sein wird, ist freilich offen. 

Die Präsidentschaftswahlen in den USA haben die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Auch global geht es um etwas. Muss die Welt sich auf weitere vier Jahre einer Präsidentschaft Donald Trumps einstellen oder übernehmen die Demokraten im kommenden Jahr die Regierung in Washington? Das wird sich daran entscheiden, wen die Demokraten ins Rennen gegen Trump schicken.

Countdown bis zum „Super Tuesday“

Bis zum Nominierungsparteitag der Demokraten Mitte Juli in Milwaukee wird in jedem der 50 Staaten sowie in Washington DC abgestimmt werden. Den Auftakt machte der Bundesstaat Iowa im Mittleren Westen. Dort wurden allerdings nur 41 Delegierte für den Parteitag gewählt – das entspricht etwa einem Prozent aller Delegierten. Diese Woche war der kleine Neuengland-Bundesstaat New Hampshire an der Reihe. Dort wurden 24 Delegierte gewählt.

Ende Februar folgen Nevada und South Carolina. Am 3. März, dem sogenannten Super Tuesday, werden 14 Bundesstaaten wählen, darunter auch Texas und Kalifornien – oft brachte dieser Tag in der Vergangenheit bereits die Vorentscheidung. Doch in diesem Jahr ist das Feld der Bewerberinnen und Bewerber so groß und liegt darüber hinaus so dicht beieinander, dass die Entscheidung lange auf sich warten lassen wird ­– vielleicht sogar bis zum Nominierungsparteitag selbst.

Die Vorwahlen in Iowa waren ein missglückter Start für die Vorwahlsaison der Demokraten. Aufgrund technischer Probleme dauerte es fast eine Woche, bis die Endergebnisse vorlagen. Am Ende lag Pete Buttigieg ganz knapp vor Bernie Sanders – der Vorsprung betrug gerade einmal 0,1 Prozentpunkte (Buttigieg: 26,2 Prozent und Sanders: 26,1 Prozent). Dieser Sieg kam überraschend. Er gab dem jungen und moderaten ehemaligen Bürgermeister aus dem Staate Indiana Aufwind für das Rennen in New Hampshire.

In New Hampshire wird wie in den meisten Staaten in einer Vorwahl abgestimmt. An der Wahl konnten sowohl registrierte Demokrat*innen als auch unabhängige Wählerinnen und Wähler teilnehmen. 296 622 Menschen beteiligten sich, damit lag die Wahlbeteiligung höher als bei den Vorwahlen 2016 und 2008. Bernie Sanders war hier klar favorisiert. Er kommt aus dem Nachbarstaat Vermont und ist in New Hampshire sehr bekannt. Hier gewann er auch die Vorwahl gegen Hillary Clinton 2016 mit großem Vorsprung.

New Hampshire: Sanders nur knapp vorn

In diesem Jahr ist das Ergebnis weniger eindeutig: Sanders liegt mit 25,7 Prozent der Stimmen nur knapp vor Buttigieg, der auf 24,7 Prozent kam. Die große Überraschung gelang der moderaten Senatorin aus Minnesota Amy Klobuchar, die mit 19,8 Prozent den dritten Platz errang und ihre Kampagne nun für die nächsten Monate ausbauen wird. Der ehemalige Vizepräsident Joe Biden, der im vergangenen Jahr alle Umfragen anführte, hatte schon in Iowa schlecht abgeschnitten, doch in New Hampshire landete er mit 8,4 Prozent abgeschlagen auf dem fünften Platz. Es ist schwer vorstellbar, dass seine Kampagne noch einmal an Fahrt gewinnen wird.

Insgesamt entschied sich damit zwar die Mehrheit der Wählerschaft in New Hampshire für die Moderaten, aber die Stimmen verteilten sich auf Buttigieg, Klobuchar und Biden. Zu der Gruppe der Moderaten wird sich am Super Tuesday zudem noch der Milliardär und ehemalige Bürgermeister von New York Michael Bloomberg gesellen. Seine Gunst in den Umfragen steigt. Bloomberg hofft, dann mit einem Schlag die Führung der moderaten Demokraten zu übernehmen.

Bernie Sanders dagegen kann nach den beiden ersten Vorwahlen klar die Führung im progressiven Lager der Demokraten für sich beanspruchen. Für ihn, aber auch für Pete Buttigieg wird es nun darauf ankommen, neue Wählergruppen zu erschließen. Beide werden in Nevada und South Carolina zeigen müssen, ob sie auch in Staaten erfolgreich sein können, die eher die Diversität des gesamten Landes repräsentieren.

Die progressive Senatorin Elizabeth Warren hat in Iowa und dann vor allem in New Hampshire enttäuschende Ergebnisse erzielt. Am Wahlabend machte sie darauf aufmerksam, dass es am Ende darauf ankommen wird, dass sich die Demokraten hinter einer Persönlichkeit vereinigen werden müssen. Das aber wird zunehmend schwieriger. Die gegenseitigen Attacken im Vorwahlkampf nehmen zu, der Ton wird rauer. Elizabeth Warren empfahl sich denn auch als diejenige, die am ehesten die Fliehkräfte der Partei wird bändigen können.

Fliehkräfte statt Favorit*innen

Die innerparteilichen Fliehkräfte sind in der Tat groß. Nicht nur die Kandidatinnen und Kandidaten unterscheiden sich in Persönlichkeit und Programm, es geht auch um grundsätzliche Richtungsentscheidungen. In allen Umfragen ist klar zu erkennen, dass die Demokraten sich vor allem einen Kandidaten oder eine Kandidatin wünschen, der oder die Donald Trump schlagen kann. Die meisten sind sogar bereit, für jemanden zu stimmen, mit dem sie nicht übereinstimmen, solange diese Person den Wahlsieg erringen kann. Nur ist eben alles andere als klar, wer die Demokraten zum Sieg führen kann. Iowa und New Hampshire sind 2020 keine klaren Wegweiser.

Barack Obama erschien 2008 als Lichtgestalt. Er schaffte es, die Hoffnung auf Veränderung mit einer inspirierenden, aber eher vagen politischen Agenda auf sich zu lenken. Eine vergleichbare politische Persönlichkeit und Projektionsfläche gibt es heute nicht. Die ideale Kandidatin, der ideale Kandidat ist nicht angetreten. Die Demokraten müssen auf die richtigen Themen setzen und ihre Ideen mit den Ergebnissen der Politik Trumps kontrastieren, nicht mit seiner Rhetorik.

In den nächsten Monaten wird hart gerungen werden müssen um den Zusammenhalt der Demokraten. Ohne Zusammenstehen am Ende des Vorwahlkampfes wird es keinen Wahlsieg im November geben. Doch genau dieser Zusammenhalt wird durch den traditionell langen und harten US-Vorwahlkampf erschwert. Die Vorwahlen in Iowa und auch in New Hampshire sind eine Warnung an die Demokraten: Sie müssen die Partei und ihre potentiellen Wählerinnen und Wähler hinter einer Persönlichkeit und mit einer Kampagne einen.

Dieser Artikel erschien zuerst im IPG-Journal.