International

Von der „passiven Verschubmasse“ zur einflussreichen Berichterstatterin

von Jacob Rohm · 3. Februar 2011
placeholder

"Ihnen kommt keine andere Aufgabe zu, als zu weinen und tragisch dreinzublicken", so beschreibt Romy Fröhlich die Rolle der Frau in Berichten über Krisen. Frauen werden nach Ansicht der Professorin für Kommunikationswissenschaften an der LMU München auf rein emotionale Funktion reduziert und stereotyp als Opfer dargestellt. Als "passive Verschubmasse" seien sie von jeder aktiven Einflussnahme aufs Geschehen ausgeschlossen.

Dabei gab es bereits im 19. Jahrhundert die ersten Vorreiterinnen, die als aktive Journalistinnen die Möglichkeit hatten, das Bild der Frau zu wandeln, berichtet Romy Fröhlich in ihrem Vortrag. Mit Margaret Fuller leistete sich die "New York Tribune" 1846 die erste weibliche Auslandskorrespondentin. 1945 waren bei der US-Armee 145 Kriegsberichterstatterinnen akkreditiert, die es jedoch in der Heimat wegen der bevorzugten Eingliederung männlicher Soldaten in den Arbeitsmarkt schwer hatten, in ihrem Metier zu bleiben.

Keine Scheu vor der harten Realität

Mit erschreckenden Fotografien von Kriegsberichterstatterinnen, etwa von abgetrennten Gliedmaßen im Vietnamkrieg, zeigte Romy Fröhlich, dass Journalistinnen keinesfalls die Darstellung der harten Realität scheuen. Ganz aktuell berichtet die ursprünglich für die Podiumsdiskussion angekündigte Fernsehjournalistin Antonia Rados über die Unruhen in Nordafrika.

Worin liegt also "der kleine Unterschied", so der Titel der Veranstaltung, zwischen den Berichten von Journalisten und und ihren Kolleginnen? Die Gemeinsamkeiten betonte Anke Mai, die für den Bayerischen Rundfunk aus dem Jugoslawienkrieg berichtete und dort heute die Abteilung für Zentrale Aufgaben leitet: Sie genießen die selbe Ausbildung und unterliegen dem selben Druck, eine Nachricht liefern zu müssen. Zuerst müssten beide immer die Frage "Was ist passiert?" beantworten, bevor sie sich auf die Suche nach der Geschichte hinter den Ereignissen machen könnten.

Für Mai liegt die Geschichte in den Menschen. Als sie während der Jugoslawienkriege mit einem UN-Konvoi die von der serbischen Armee belagerte bosnische Stadt Goražde betrat, wollte sie wissen, was die monatelange Isolation und die ständige Angst vor Scharfschützen für die Frauen, Männer und Kinder dieser Stadt bedeutet. Moderatorin Stephanie Heinzeller vermutet dahinter eine typisch weibliche Perspektive. Tatsächlich kehrte aus Goražde jeder Journalist kehrte mit einer anderen Geschichte in sein Büro zurück. Das allerdings liegt laut Anke Mai nicht an ihren unterschiedlichen Geschlechtern, sondern an den verschiedenen Charakteren.

Die Lage in Afghanistan

Dagegen setzt sich Fawzia Fakhri täglich mit fundamental unterschiedlichen Geschlechterrollen auseinander. Sie leitet im afghanischen Herat das Women Journalism Center, das Frauen ermutigen möchte, als Journalistinnen über regionale Themen zu berichten. Mit einem bewussten Fokus auf die positiven Seiten berichten die afghanischen Journalistinnen über soziale und kulturelle Themen und informieren beispielsweise über Institutionen für Frauen in der Region.

Fawzia Fakhri bestätigt zwar, dass man sich wegen der Sicherheitslage nicht mit Politik befasse, möchte jedoch das Augenmerk von der schwierigen Vergangenheit und Gegenwart auf die Möglichkeiten der Zukunft lenken. Zu häufig werde negativ berichtet, "dabei versuchen wir zu einem Frieden zu kommen".
An die Entscheider auf der Münchner Sicherheitskonferenz am kommenden Wochenende hat Fawzia Fakhri daher eine grundsätzlichere Frage: "Warum schaffen es Soldaten aus 70 Ländern nicht, die Sicherheitslage in Afghanistan zu stabilisieren?"

0 Kommentare
Noch keine Kommentare